Nach IT-Ausfall: Die Welt läuft wieder an
Aktuelle Stunde . 20.07.2024. 39:13 Min.. UT. Verfügbar bis 20.07.2026. WDR. Von Raphael Markert.
Nach weltweiter IT-Panne - Wütende Passagiere am Flughafen Düsseldorf
Stand: 20.07.2024, 20:05 Uhr
Die Ursachen der weltweiten IT-Störung sind gefunden. Probleme gibt es immer noch. Der Betrieb an den NRW-Flughäfen läuft aber wieder besser.
Nach der weltweiten IT-Störung hat sich der Betrieb an den beiden größten NRW-Flughäfen in Düsseldorf und Köln/Bonn wieder weitgehend normalisiert. Trotzdem wurden nach WDR-Informationen am Samstag allein in Düsseldorf bis 13.15 Uhr rund 20 Flüge (An- und Abflug) gestrichen. Dabei handelt es sich um 19 Eurowings-Flüge und einen Lufthansa-Flug.
Reisende am Düsseldorfer Flughafen wütend auf Eurowings
Eurowings selbst sprach auf Nachfrage des WDR am Samstagmittag davon, dass lediglich sechs Flüge in Düsseldorf ausgefallen seien. Gegenüber der dpa gab das Unternehmen am Nachmittag an, dass von 100 Verbindungen zehn gestrichen worden seien. Unter anderem ging es um Verbindungen nach Porto, Zagreb, und Edinburgh. Es handele sich um Systemnachwirkungen der IT-Störung. "Ziel ist, dass jeder so schnell wie möglich umgebucht wird", sagte ein Eurowings-Sprecher.
Am Düsseldorfer Flughafen zeigten sich zahlreiche betroffene Passagiere jedoch unzufrieden mit der Kommunikation des Unternehmens. Wie ein WDR-Reporter vor Ort erfuhr, waren viele von ihnen erst kurz vor dem geplanten Abflug darüber informiert worden, dass ihr Flug annulliert wurde.
Die Bundespolizei im Einsatz am Schalter
Als sie daraufhin zum Eurowings-Schalter am Flughafen gingen, hatten sich die Mitarbeiter in das Backoffice zurückgezogen und waren nicht ansprechbar. Stattdessen verteilten Beamte der Bundespolizei Info-Flyer zu Flugverspätungen an die wütenden Reisenden.
David Owczarek ist sauer auf Eurowings
Unter ihnen auch die Schwiegereltern von David Owczarek. Sie wollten eigentlich nach Catania fliegen. "Wir haben heute morgen, bevor wir losgefahren sind, geschaut, ob der Flug geht", so Owczarek. "Da stand: ja." Nun hätten sie eine Stunde vor Abflug eine Mail bekommen, dass der Flug annulliert worden sei. "Und das geht nicht", sagt Owczarek. "Das ist eine Sauerei."
Auch am Flughafen Köln/Bonn wurden am Samstag noch vereinzelt Flüge gestrichen. Darunter zwei Eurowings-Flüge nach Venedig und Brindisi und eine Ryanair-Verbindung nach Palma de Mallorca.
BSI: Ursache für IT-Störung bei CrowdStrike und Microsoft
Die Ursachen für die massiven IT-Probleme bei Flughäfen und Kommunen in NRW sowie bei zahlreichen anderen Airports, bei Banken, Medienorganisationen, Supermärkten und beim Tech-Riesen Microsoft am Freitag wurden noch am selben Tag gefunden. Laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) führten ein fehlerhaftes Update der Cybersicherheitsfirma CrowdStrike für Windows-Systeme sowie eine Störung bei einem Microsoft-Dienst zu den Ausfällen.
Eurowings hatte am Freitag mehr als 130 Flüge gestrichen
Störungen im Flugbetrieb gab es unter anderem an den Airports Düsseldorf, Köln/Bonn und Dortmund. Vor allem beim Check-In kam es zu Beeinträchtigungen. Besonders betroffen war Eurowings. Am Freitag wurden am Flughafen Düsseldorf rund 50 Starts und Landungen durch Eurowings annulliert.
Insgesamt wurden am Freitag laut Unternehmenswebsite mehr als 130 Flüge annulliert, davon 72 von oder nach NRW. Unter den Flügen waren auch beliebte Reiseziele wie Mallorca, Nizza, Porto und London.
IT-Störungen in NRW-Kommunen
In NRW waren auch mehrere Kommunen betroffen, die von dem IT-Dienstleister "Südwestfalen-IT" (SIT) betreut werden. Wie viele der gut 70 Kommunen in NRW als SIT-Kunden Probleme hatten, konnte das Unternehmen nicht sagen. Auch das Ausmaß war unklar.
Weltweite IT-Ausfälle | WDR Aktuell
04:06 Min.. Verfügbar bis 19.07.2026.
Klinik in Solingen verschob Operationen
Auch an vielen Kliniken Deutschlands gab es Probleme. In Norddeutschland sagte das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein wegen der CrowdStrike-Probleme zahlreiche Operationen ab. Auch im Städtischen Klinikum Solingen wurden einige wenige geplante Untersuchungen und Eingriffe auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Auch Banken und Medienorganisationen betroffen
Auch Banken und Medienorganisationen unter anderem in Australien, Neuseeland und den USA meldeten große Probleme. Microsoft-Nutzer konnten nicht mehr wie gewohnt auf ihre Programme zugreifen.
Microsoft und CrowdStrike müssen sich nun auf immense Schadenersatzforderungen einstellen.
"Größte IT-Panne aller Zeiten"?
Laut dem WDR-Experten Jörg Schieb seien in diesem Fall zwei Probleme zusammengekommen. Einerseits habe es in den Cloud-Diensten von Microsoft Schwierigkeiten beim Office-Paket gegeben. Anderseits sei es zu Problemen bei der Konfiguration der Software "Falcon Sensor" des IT-Unternehmens CrowdStrike gekommen.
WDR-Digital-Experte Jörg Schieb
Eigentlich dient der "Falcon Sensor" dazu, die IT von großen Unternehmen und Organisationen vor Cyberangriffen zu schützen. Doch nach einem fehlerhaften Update ließen sich viele Windows-Rechner nicht mehr hochfahren, so Schieb.
Der amerikanische IT-Sicherheitsexperte Kevin Beaumont nannte den Zwischenfall auf "Mastodon" die "größte IT-Panne aller Zeiten". Ob mittlerweile alle von der Störung betroffenen IT-Systeme wieder regulär laufen, ist fraglich. Denn alle fraglichen Dateien auf jedem betroffenen Rechner müssten manuell gelöscht werden, erläuterte Omer Grossman, Technikchef der Cybersicherheitsfirma CyberArk.
Claudia Plattner vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Nach Einschätzung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) von Freitagmittag wird die IT-Panne noch länger für Einschränkungen sorgen: "Die Probleme werden einige Zeit andauern, wir können nicht mit einer sehr schnellen Lösung rechnen", sagte BSI-Präsidentin Claudia Plattner.
Welche Lehren sind aus der IT-Störung zu ziehen?
Nach dem weltweiten IT-Chaos läuft nun die Diskussion über die Konsequenzen. Im "heute journal" des ZDF sagte Plattner:
Plattner wies aber auch darauf hin: Eine absolute Sicherheit vor Ausfällen dieser Größenordnung könne es nicht geben.
IT-Experten betonen, dass Firmen ihre Computersysteme eigentlich mit einem Parallelsystem aufrüsten müssten, um sich vor Pannen und Hackerangriffen zu schützen. Dies sei aber teuer und aufwändig, weil auch diese Systeme gewartet werden müssen.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP
- WDR-Recherchen an Flughäfen
- WDR-Digital-Experte Jörg Schieb
- BSI-Präsidentin Claudia Plattner im ZDF-"heute journal"
- Mastodon-Profil von Kevin Beaumont
- Website von Eurowings