mehrere Windräder auf einer großen Fläche vor bewölktem Himmel

Windräder: So versucht NRW, seine Übergangsregel zu retten

Stand: 19.01.2025, 13:54 Uhr

Die Landesregierung versucht, Spielräume für das Aussetzen von Windrad-Genehmigungen aufzeigen - trotz Niederlagen vor Gericht.

Von Tobias ZacherTobias Zacher

In der Frage, wo in NRW Windräder gebaut werden dürfen, unternimmt die Landesregierung einen neuen Versuch, ihre umstrittene Übergangsregel zu retten. Das Wirtschafts- und Energieministerium von Mona Neubaur (Grüne) verschickte am Freitag eine entsprechende Anwendungshilfe an die Bezirksregierungen.

Darin stehen Hinweise, wie trotz zweier Schlappen vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) weiterhin Windräder außerhalb von künftigen Vorranggebieten verhindert werden könnten. Das Papier liegt dem WDR vor.

Neubaur: "Nehmen Sorgen der Bevölkerung ernst"

Die OVG-Beschlüsse hätten "für große Verunsicherung gesorgt", so Neubaur. "Wir nehmen die Sorgen der Bevölkerung und der Kommunen sehr ernst, dass aktuell keine wirksame Steuerung möglich sei", teilte sie dem WDR mit. Die "Anwendungshilfe" soll eine Gegenmaßnahme sein.

Der Hintergrund: Derzeit überarbeiten die Bezirksregierungen und der Regionalverband Ruhr ihre Regionalpläne, um darin Windenergie-Zonen auszuweisen. Innerhalb dieser Zonen können künftig relativ problemlos Windräder gebaut werden - außerhalb aber wären sie nur noch erlaubt, wenn die zuständige Kommune die Windräder ausdrücklich will. Diese Regionalpläne sind noch nicht fertig und deshalb noch nicht rechtskräftig.

Übergangsregel nur noch "begrenzt" anwendbar

Mona Neubaur, NRW-Wirtschaftsministerin (Bündnis 90/Die Grünen), Archivbild: 27.06.2024

Mona Neubaur (Grüne)

Zugleich ist die Planung aber so weit fortgeschritten, dass bereits erkennbar ist, wo die künftigen Windrad-Gebiete sein werden. In eben dieser Übergangszeit, bis zur Gültigkeit der neuen Regionalpläne, will die schwarz-grüne Landesregierung verhindern, dass Windräder außerhalb der zukünftigen Vorranggebiete genehmigt werden, wenn die zuständige Kommune sie nicht will. Nach Angaben von Neubaurs Ministerium lagen Ende November in ganz NRW Anträge für 855 Windräder außerhalb dieser Zonen vor.

Zuvor hatte die schwarz-grüne Koalition das Landesplanungsgesetz geändert und so die Übergangsregel eingeführt. Windkraft-Unternehmen klagten dagegen und bekamen im September zweimal vor dem OVG in Münster Recht. Die nun veröffentlichte Anwendungshilfe ist die Reaktion darauf. Er soll "den begrenzten verbliebenen Anwendungsbereich" der Übergangsregel "vor dem Hintergrund der Beschlüsse des OVG" aufzeigen, wie die Leiterin der Landesplanung im Ministerium, Alexandra Renz, schreibt.

In der Anwendungshilfe räumt Renz ein, dass sich die planerische Steuerung der Windräder "in der Übergangszeit als eine besondere Herausforderung erwiesen" hat - und gibt den Juristen in den Bezirksregierungen Tipps, wie sie die Genehmigung für Windräder außerhalb der künftigen Vorrangzonen trotz der Urteile weiter untersagen könnten.

Zum Beispiel dann, wenn "eine den weiteren Planungsprozess verzögernde Umplanung der beabsichtigten Windenergiebereiche notwendig würde". Oder aber wenn ein Windrad "nach Feststellung des Erreichens der Teilflächenziele am beantragten Standort gem. § 35 Abs. 2 BauGB planungsrechtlich unzulässig wäre."

Wenig eigene Gestaltungsmöglichkeiten

In dem vierseitigen Schreiben ist deutlich der Wille erkennbar, die Übergangsregel trotz der beiden Gerichtsurteile zu retten. Zugleich wird klar, dass das Land nicht mehr viele eigene Gestaltungsmöglichkeiten sieht. Deshalb strebe NRW "für die Steuerung des Windenergieausbaus im Übergangszeitraum vordinglich eine Lösung auf Bundesebene an", heißt es.

Wie der WDR im Oktober berichtete, hatte schwarz-grün zu diesem Zweck eine Initiative im Bundesrat gestartet. Dadurch sollten Änderungen zum Beispiel am Baugesetz des Bundes durchgesetzt werden.

Unterstützung durch den Bund weiter unsicher

Nach dem Aus der Ampel-Regierung ist aber unsicher, ob der Bundestag eine entsprechende Regelung noch vor der Wahl Ende Februar beschließen wird. Denn obwohl sich die CDU auf Bundesebene offen gezeigt hat, eine entsprechende Regelung gemeinsam mit SPD und Grünen zu beschließen, ist eine parlamentarische Mehrheit dafür noch nicht gesichert.

"Eine zügige und pragmatische Umsetzung der vorgeschlagenen Regelungen auf Bundesebene", so Neubaur, sei "sehr wünschenswert." Die Windrad-Branche in NRW dagegen hatte die Initiative kritisiert: NRW versuche, "ein schlechtes Gesetz über die Bundesebene zu heilen", teilte der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) im Herbst mit. Der Verband vertritt die Interessen der Unternehmen in der Erneuerbare-Energien-Branche.

Unsere Quellen:

  • Erlass des Wirtschafts- und Energieministeriums vom 17.01.2025
  • Eigene Recherchen

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