Neue Zahlen: In NRW entstehen weiter zu wenige Windräder
Stand: 29.09.2023, 10:14 Uhr
Der Neubau von Windrädern stagniert auf einem Niveau, das für die selbst gesetzten Ziele zu niedrig ist. Bei den Genehmigungen nimmt NRW jedoch die Spitzenposition ein.
Von Tobias Zacher
Nordrhein-Westfalen läuft beim Ausbau-Tempo für Windräder den eigenen Zielen weiter hinterher. Das geht aus einer Auswertung des Markstammdatenregisters hervor, die der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) in Auftrag gegeben hatte. Das Papier wurde am Freitag veröffentlicht.
Unternehmer: "Da muss mehr kommen"
Demnach wurden im dritten Quartal des Jahres 22 Windräder neu in Betrieb genommen. Damit stagniert der Zubau von Windrädern seit Jahresbeginn auf gleichbleibendem Niveau: Im ersten Halbjahr wurden 45 Windenergieanlagen neu ans Netz angeschlossen. Die Zubauzahlen für das dritte Quartal sind vorläufig, sie können sich durch Nachmeldungen bis Ende Oktober noch verändern.
Fest steht: bereits: Dieses Ausbautempo reicht nicht aus, um die selbstgesetzten Ziele in NRW zu erreichen. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass binnen fünf Jahren tausend zusätzliche Windräder entstehen sollen. Das entspricht durchschnittlich 200 Anlagen im Jahr beziehungsweise 50 pro Quartal. "Da muss noch mehr kommen", betonte deshalb Christian Mildenberger, der Geschäftsführer des LEE. Sein Verband vertritt die Interessen der Ökostrom-Unternehmen.
Besonders heikel für das Ziel der Landesregierung: Weil in diesem Jahr bislang in NRW 61 alte Windräder stillgelegt wurden, liegt der Netto-Zubau in den ersten drei Quartalen 2023 bei lediglich 6 Anlagen.
Ökostrom soll Gas und fossile Energie ersetzen
Hintergrund ist, dass NRW sich – wie der Rest der Republik – bis 2045 der Klimaneutralität verpflichtet hat. Nordrhein-Westfalen steigt deshalb bis 2030 aus der Braunkohleverstromung aus. Ökostrom, der vor allem mittels Solarzellen und Windrädern erzeugt wird, muss die fossil erzeugte Elektrizität in den kommenden Jahren daher zunehmend ersetzen.
"Bei einem Netto-Zubau von sechs Anlagen wird man das Wort ,Ausbau‘ schwerlich in den Mund nehmen können. Daran ändern auch Genehmigungen nichts, wenn weiter zu wenig neue Anlagen in Betrieb genommen werden", kritisierte André Stinka, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion.
Streit um Ausweisung von Windenergiegebieten
Einen verstetigten Aufwärtstrend gibt es dagegen bei den Genehmigungen von Windrädern, bei denen NRW inzwischen bundesweit an der Spitze liegt. Diese Anlagen können in den kommenden Jahren errichtet werden. "Diese sehr erfreuliche Entwicklung hält aber nur an, wenn es für neue Windenergie-Projekte ausreichend Flächen gibt", sagte Unternehmer Mildenberger.
Er bezieht sich damit auf einen aktuellen politischen Streit zwischen Regionalräten, Industrie und Land. Denn: Die fünf Regierungsbezirke sowie der Regionalverband Ruhr müssen in ihren Regionalplänen Windenergiegebiete ausweisen, und zwar in einem verpflichtenden Umfang, den das Land festlegt.
Die Flächen für Windräder sollen so "gerecht" auf das ganze Bundesland verteilt werden. In nun bekannten Vorlagen der Planungsregionen Münster und Arnsberg finden sich jedoch ausgewiesene Flächen, die der LEE teils als untauglich bezeichnet. Die zuständigen Bezirksregierungen weisen diese Vorwürfe zurück.
Deshalb kritisierte die SPD: "Die Planungsverfahren der Landesregierung zur Flächenausweisung schaffen Unsicherheiten. Allerorts scheint Verwirrung darüber zu herrschen, wie mit den Flächenzielen für den Ausbau der Windenergie umgegangen werden soll", sagte SPD-Mann Stinka. Er kritisierte die Landesregierung aus CDU und Grünen, die nach seiner Ansicht "mit einem schlecht gemachten Gesetz dafür gesorgt hat, dass die Debatte über neue Abstandsregeln vom Landtag in die Regionen getragen worden ist", so Stinka.