Richter-Affäre: Neues Gutachten setzt Limbach unter Druck

Stand: 16.01.2025, 13:57 Uhr

Bei der Besetzung des Chefpostens am Oberverwaltungsgericht in Münster hat das Justizministerium womöglich mehrfach rechtswiedrig gehandelt. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues Gutachten von SPD und FDP.

Von Christoph Ullrich

Die Besetzung eines der höchsten Richterämter in NRW führt erneut zu Ärger für Justizminister Benjamin Limbach (Grüne). Möglicherweise hat man im Ministerium die am Ende erfolgreiche Bewerberin nicht ausreichend überprüft. Zu diesem Schluss kommt der Ministerialrat Jürgen Lorse, der das Gutachten im Auftrag die Oppositionsparteien SPD und FDP erstellt hat. Es ist Lorses zweites Gutachten in dieser Sache.

Nicht das erste Gutachten

Anlass ist erneut eine Beurteilung des NRW-Innnenministeriums für eine Abteilungsleiterin, welche am Ende den Zuschlag für die Leistung des Oberverwaltungsgerichts in Münster erhielt. Sie bekam von der Staatssekretärin Lesmeister (CDU) Bestnoten. Allerdings war Lesmeister nicht befähigt, diese Beurteilung zu erteilen, da sie erst seit wenigen Monaten Vorgesetzte der Bewerberin war.

Das hatte ein erstes Gutachten der beiden Oppositionsparteien gezeigt - es führte am Ende dazu, dass Justizminister Limbach das Verfahren neu Aufrollen musste.

Falsche Aussagen des Abteilungsleiters?

Im Untersuchungsausschuss hatten Vertreter des Justizministeriums zurückgewiesen, dass sie die Befugnis gehabt hätten, die Beurteilung aus dem Innenministerium zu überprüfen.

Das heute vorgestellte, zweite Gutachten von Jurist Lorse stellt jetzt das Gegenteil fest. In vier Fällen habe man rechtswidrig gehandelt, weil man nicht geprüft habe. Unter anderem sei die Bewertung "ohne jede Plausibilitätsprüfung erfolgt". Man habe aber vom Gesetz her eine Pflicht, zu prüfen.

SPD und FDP fordern Konsequenzen

"Im Justizministerium ist schlicht nicht ordentlich gearbeitet worden", erklärte Nadja Lüders (SPD) "Das, was man uns erzählt hat, stimmte einfach nicht. Man hat hier ein fehlerhaftes Verfahren", sagte FDP-Mann Werner Pfeil.

Mit dem Gutachten jetzt würde man im weiteren Verlauf dem Ministerium helfen, wenn der Posten neu vergeben werden muss, so Pfeil. "Das schreit nach politischen Konsequenzen", erklärte Lüders weiter.

SPD und FDP fordern jetzt, das gesamte Besetzungsverfahren neu aufzurollen statt es noch einmal unter den bisherigen Bewerbern zu vergeben. "Jeder der ein rechtssicheres Verfahren haben will, muss genau das jetzt machen", forderte Pfeil.

Ministerium weist Vorwürfe zurück

Das Ministerium zeigt sich von den neuen Vorwürfen nicht überzeugt. Natürlich habe eine Kontrolle der Beurteilung stattgefunden, teilt ein Sprecher auf Nachfrage mit. "Keines der vier Gerichte, die bislang in dem Verfahren beteiligt waren, und keiner der beiden Kläger hat den fehlenden Beurteilungsbeitrag erkannt oder beanstandet", heißt es weiter.

Zudem seien die vom Gutachter konstruierten Pflichten "in Rechtsprechung und Literatur nicht anerkannt", so der Sprecher weiter. "Es handelt sich um den durchsichtigen Versuch des Auftraggebers, das Ministerium der Justiz für einen Fehler an anderer Stelle verantwortlich zu machen."

Unsere Quellen:

  • Gutachten von SPD und FDP
  • Eigene Recherche
  • Pressekonferenz SPD und FDP
  • Stellungnahme Justizministerium NRW

Über das Thema berichten wir auch im WDR Hörfunk im WDR 5 Westblick