Joachim Stamp führt die NRW-FDP seit 2017 - als Nachfolger von Christian Lindner. Der 51-Jährige ist der FDP schon lange verbunden – auf die aktive Art. Vor Verantwortung scheint er wenig Scheu zu haben. Ob im Bundesvorstand der Julis, als Generalsekretär der Liberalen in NRW, als Ratsherr in Bonn oder seit 2012 als Landtagsabgeordneter. Und jetzt eben: Spitzenkandidat, Frontmann der FDP in Nordrhein-Westfalen, Minister für Kinder, Familien , Flüchtlinge und Integration und stellvertretender Ministerpräsident in der schwarz-gelben Landesregierung
Bildung als Chance ist zentrales Thema
Mit Joachim Stamp als Minister hat sich im Bereich frühkindlicher Bildung einiges im Land getan. Das Motto: "Es ist wichtig, den Kindern von Anfang an beste Chancen zu ermöglichen." Die Zahl der Kita-Plätze und Betreuer wurde – auch mit Bundesgeld – gesteigert und ein zweites beitragsfreies Kita-Jahr eingeführt.
Bildung als Chance für Aufstieg, damit will die FDP auch im aktuellen Landtagswahlkampf punkten. Berufliche und akademische Bildung sollen nach Schweizer Vorbild gleichwertig sein. Das möchte Stamp so in der NRW-Verfassung verankern. Außerdem soll es statt bislang 60 künftig 1.000 sogenannter Talentschulen geben und auch das Modell der Talentscouts soll landesweit ausgerollt werden. Das Ziel dabei: Kinder mit ihren individuellen Talenten zu fördern und zu unterstützen.
Als Integrationsminister fährt Stamp einen zweigleisigen Kurs. Auf der einen Seite möchte er Einwanderung für Qualifizierte erleichtern – auch um dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen. Außerdem setzt er sich dafür ein, dass gut integrierte, bislang lediglich geduldete Menschen, eine bessere Bleibeperspektive bekommen.
Die andere Seite der Medaille ist, dass in seiner Verantwortung "diejenigen, die sich nicht an die Spielregeln halten, konsequent zurückgeführt werden". Nach Stamps Angaben schiebt kein anderes Bundesland so konsequent ab wie NRW. Genau diese Haltung hat ihm zu Beginn seiner Amtszeit 2018 heftige Kritik eingebracht - als er den Tunesier Sami A. abschieben ließ, obwohl ein vorläufiges gerichtliches Abschiebeverbot vorlag, das erst deutlich später aufgehoben wurde. Rücktrittsforderungen ließ er an sich abprallen, suchte aber gleichzeitig auch den Dialog und versuchte seine Haltung und den Vorgang zu erklären.
Den Kurs weiter fortsetzen
Nach dem Motto: "Von hier aus weiter" könnte es für Joachim Stamp und die FDP gerne mit der CDU gemeinsam weitergehen. Wobei Stamp auch immer betont, dass es auf Inhalte ankommt und die FDP eine eigenständige Partei ist. Was sich auch sehr deutlich bei den schwarz-gelben Differenzen in der Corona-Politik gezeigt hat. Vereinfacht gesagt, konnte es der FDP mit den Lockerungen nicht schnell genug gehen, während die CDU, allen voran Ministerpräsident Hendrik Wüst, eher vorsichtig unterwegs war.
Bei der Landtagswahl will die FDP mindestens so stark werden, dass ohne sie keine Regierungsbildung möglich ist. Jamaika, Ampel oder sonstige Konstellationen: mit allen "demokratischen Parteien" also CDU, SPD und Grünen wären Koalitionen für Stamp denkbar – nicht aber mit der AFD. Mit der sucht er gerne mal die offensive Auseinandersetzung und geht in die direkte Konfrontation.
Stamp ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern, die in fast jeder größeren Parteitagsrede oder bei einem längeren Gespräch erwähnt werden. Zum Beispiel wenn es um den Plan der FDP geht, "Master und Meister" gleichzustellen. Wenn eine seiner Töchter sich für eine Tischlerlehre entschiede, dann Meisterin würde, dürfe das nicht als Bildungsabstieg gewertet werden, findet Stamp. Auch wenn es um sein nächstes größeres persönliches Projekt geht, spielen die Töchter eine Rolle: endlich Nichtraucher werden - und zwar schon im Sommer. Das habe er seinen Töchtern so versprochen, dass er aus der Nummer auch nicht mehr rauskomme. Und enttäuschen will er sie nicht.