Symbolbild Kindesmissbrauch

Mehr Kinderschutz in NRW: Wann kommt die Professur?

Stand: 07.08.2024, 18:04 Uhr

Seit dem Fall Lügde hat sich der Kinderschutz in NRW verbessert. Doch eine Maßnahme, die längst beschlossen wurde, ist immer noch nicht umgesetzt: eine eigene Professur für Kinderschutz.

Von Arne HellArne Hell

Das Versagen blieb nicht ohne Folgen. Jahrelang hatten mehrere Jugendämter Kinder nicht vor den beiden Haupttätern vom Campingplatz in Lügde geschützt. Trotz zahlreicher Hinweise, Gefährdungsmeldungen und Maßnahmen griffen etwa die Ämter im Kreis Lippe und im Kreis Höxter nicht konsequent ein.

Im NRW-Landtag wurde als Reaktion darauf 2022 noch unter der schwarz-gelben Landesregierung ein neues Kinderschutzgesetz beschlossen, das den Jugendämtern mehr Vorgaben macht, wie sie bei Gefährdungen und Verdacht auf sexuelle Gewalt vorgehen müssen.

Kinderschutz-Professur soll Pädagogik-Ausbildung verbessern

Vorsitzender des Kinderschutzbundes NRW Michael Kutz

Michael Kutz, Landesgeschäftsführer Kinderschutzbund NRW

Dieses Gesetz, von manchen Experten sogar als "Meilenstein" gefeiert, lobt auch der Kinderschutzbund NRW. "Das hat eine andere Verbindlichkeit gebracht", sagt dessen Landesgeschäftsführer Michael Kutz im WDR-Interview.

Kutz findet auch eine weitere Maßnahme, die CDU, Grüne, SPD und FDP im Landtag vor gut einem Jahr gemeinsam beschlossen haben, wichtig: Die Einrichung einer eigenen Professur für Kinderschutz, um angehende Pädagogen und Sozialarbeiterinnen besser auszubilden. Kutz würde sich wünschen, dass sogar in allen Studiengängen und Ausbildungen von Menschen, die mit Kindern arbeiten, solche Lehrinhalte vermittelt würden.

Was hat sich in NRW beim Kinderschutz getan?

WDR 5 Westblick - aktuell 07.08.2024 05:37 Min. Verfügbar bis 07.08.2025 WDR 5


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"Familienministerium hätte sich seit über einem Jahr kümmern müssen"

Allerdings ist bisher selbst die Einrichtung dieser einen Kinderschutz-Professur nicht in Sicht. Das hat eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag ergeben. Das NRW-Familienministerium antwortet darin, dass nicht absehbar sei, wann so eine Professur komme. Zunächst müsse ein Verfahren durchgeführt werden, um zu entscheiden, welche Hochschule Interesse an einem solchen Lehrstuhl hat. Konkrete Gespräche mit Hochschulen habe es bisher nicht gegeben.

Marcel Hafke (FDP) im Interview mit dem Westblick

Marcel Hafke (FDP) im Interview mit dem Westblick

"Das Familienministerium hätte sich seit über einem Jahr darum kümmern müssen", kritisiert der FDP-Landtagsabgeordnete Marcel Hafke. "Eine Kinderschutzprofessur einzurichten, ist kein Hexenwerk. Ich wundere mich schon, dass Ministerin Josefine Paul da bislang so absolut untätig geblieben ist.“

Ministerium reagiert auf Kritik: Verfahren gestartet

Kurz nach Hafkes Kritik erklärte ein Sprecher des Familienministeriums am Mittwochnachmittag, dass das Verfahren inzwischen doch gestartet worden sei. Seit wann genau, dazu gab es auf WDR-Anfrage keine Antwort. Weitere Details zu der Professur will das Ministerium in Kürze bekannt geben.

Es ist nicht die einzige Maßnahme, die das Familienministerium in Sachen Kinderschutz bisher offenbar nicht konsequent vorantreibt. Die Grünen haben sich mit CDU und FDP im Landtag auch für die Einrichtung eines neuen Postens ausgesprochen, eines Landesbeauftragten für den Kinderschutz.

FDP: Kinderschutzbeauftragter soll Jugendämter kontrollieren

Laut Familienministerium sollte die Stelle noch im Jahr 2024 eingerichtet werden. Doch bisher gibt es noch keine Einigung dazu, mit welchen Kompetenzen so ein Beauftragter ausgestattet sein soll.

„Er sollte auch eine Rechtsaufsicht bekommen und kontrollieren, dass die Jugendämter sich auch an die Gesetze, die es gibt, halten", fordert FDP-Mann Hafke, "also dass das Vier-Augen-Prinzip eingehalten wird, dass Weiterbildung stattfindet, dass Qualifikation vorhanden ist."

Jugendämter müssen Netzwerke aufbauen

All das ist seit 2022 für die Jugendämter in NRW verpflichtend in Sachen Kinderschutz. Sie müssen außerdem Netzwerke aufbauen mit anderen Stellen wie etwa der Polizei, Schulen, Kinderärzten oder Familiengerichten. In diesen Netzwerken muss es regelmäßigen Austausch geben, wie besser zusammengearbeitet werden kann, um Kinder vor Gewalt oder Missbrauch zu schützen.

Die Umsetzung wird allerdings weiter nicht von zentraler Stelle geprüft. Denn rechtlich liegt die Aufsicht über die 186 einzelnen Jugendämter in NRW weiter bei den Städten und Kreisen.

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