Studiogespräch: Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte
Aktuelle Stunde . 16.04.2024. 16:37 Min.. UT. Verfügbar bis 16.04.2026. WDR.
Digitalisierung: So steht NRW im Vergleich da
Stand: 16.04.2024, 14:15 Uhr
Welches Bundesland ist besonders weit mit der Digitalisierung? Der Branchenverband Bitkom hat eine Übersicht veröffentlicht. Nordrhein-Westfalen hat offenbar keine besonderen Stärken.
Von Nina Magoley
Wie digital sind Deutschlands Bundesländer? Und wo steht dabei NRW? Der Branchenverband Bitkom hat dazu am Dienstag ein Ranking veröffentlicht, das den Entwicklungsgrad beim digitalen Ausbau in den einzelnen Bundesländern genau unter die Lupe nimmt.
So viel vorab: NRW landet in der Gesamtwertung aller 16 Bundesländer immerhin im oberen Mittelfeld - auf Platz sechs. Am besten schneiden Hamburg und Berlin ab, dann folgen Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Den größten digitalen Entwicklungsbedarf haben Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Für den Länderindex hat Bitkom vier Kategorien analysiert: Digitale Wirtschaft, digitale Infrastruktur, Governance/Verwaltung und digitale Gesellschaft. Dafür seien alle 16 Landesregierungen abgefragt, Studien und Statistiken ausgewertet worden. Außerdem befragte Bitkom mehr als 5.600 Bürgerinnen und Bürgern empirisch.
Auffällig sei, dass fast jedes Land in bestimmten Bereichen sehr gut sei, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst am Dienstag: "Die meisten Länder erzielen in einzelnen Bereichen Top-Werte." So liegt etwa Mecklenburg-Vorpommern im Gesamtranking zwar weit hinten, in der Kategorie "Digitale Gesellschaft" aber auf dem ersten Platz.
"Noch Ausbaubedarf in NRW"
NRW liege insgesamt "im Mittelfeld", sagte Sophie Vogt-Hohenlinde, Mitautorin des Bitkom-Länderindex, dem WDR am Dienstag, "da gibt es definitiv noch Ausbaubedarf". Neben dem sechsten Platz in der Gesamtbewertung weist NRW offenbar auch keine besonderen Stärken auf - bis auf die digitale Infrastruktur: Immerhin sei NRW fast flächendeckend mit 5G versorgt, so Vogt-Hohenlinde, "da ist das Land gut aufgestellt".
Handlungsbedarf bestehe aber im Bereich "Governance & digitale Verwaltung". Da landet NRW nur auf Platz neun. Dabei geht es vor allem um Verwaltungsdienstleistungen - wie zum Beispiel die Beantragung eines Personalausweises, An- und Ummeldung, Anträge für Unternehmensgründungen. Digitale Verwaltung sei "für alle Bundesländer noch ein großes Thema", sagt Vogt-Hohenlinde, NRW liege aber noch unter dem Bundesdurchschnitt.
Auch die Tatsache, dass NRW kein eigenständiges Digitalministerium hat, kritisierte die Mitautorin. Viele andere Bundesländer hätten das - in NRW sei dagegen seit der letzten Landtagswahl, bei der die schwarz-grüne Landesregierung antrat, eher ein Rückschritt zu beobachten.
Das sind die wichtigsten Tops und Flops im digitalen NRW:
- Immerhin: NRW schneide überdurchschnittlich ab beim Anteil der Informatik-Auszubildenden: Während es im Bundesdurchschnitt 3,8 Prozent sind, schlagen in NRW 4,7 Prozent aller Studis diese Fachrichtung ein. Die höchsten Anteil dabei hat Bremen mit 6 Prozent.
- Beim Glasfaserausbau liegt Nordrhein-Westfalen mit 30 Prozent knapp über dem Länderdurchschnitt von 29 Prozent. Spitzenreiter ist Hamburg: Hier verfügen knapp zwei Drittel aller Haushalte - 65 Prozent - über einen Glasfaseranschluss. Fast flächendeckend ist das 5G-Mobilfunknetz in NRW.
- Beim Thema digitale Verwaltung hat NRW dagegen noch Aufholbedarf. Laut Online-Zugangsgesetz sollten rund 600 Dienstleistungen für Bürger eigentlich schon bis Ende 2022 digital sein. NRW hat dabei erst eine Quote von 32 Prozent erreicht - das entspricht im bundesweiten Vergleich Platz zehn. Beim Spitzenreiter Hamburg sind es allerdings auch nur 45 Prozent, in Bayern 43.
- Zudem stellt Bitkom fest, dass NRW kein eigenständiges Digitalministerium hat. In den Landesregierungen ist aus Bitkom-Sicht eine eigenständige Digitalzuständigkeit auf Landesebene "unverzichtbar".
- Beim Thema "Digitale Gesellschaft" steht NRW auf dem siebten Platz: 65 Prozent der Bevölkerung können sehr gut oder eher gut mit digitalen Geräten und Medien umgehen. Ebensoviele sind in der Lage, Privatsphäre-Einstellungen anzupassen, 59 Prozent können technische Geräte wie Smartphones, PC oder Drucker selbst einrichten. Nur 42 Prozent trauen sich zu, einschätzen zu können, ob Informationen im Netz von einer vertrauenswürdigen Quelle kommen. 45 Prozent fühlen sich häufig von digitalen Technologien überfordert.
Zu wünschen sei, sagt Sophie Vogt-Hohenlinde, "dass die Bundesländer voneinander lernen". Wie am Beispiel Baden-Württemberg, wo bereits Pilotprojekte mit Künstlicher Intelligenz im Verwaltungsbereich laufen. NRW könne sich auch bei anderen Bundesländern abschauen, wie man Informatik offensiv als Schulfach anbiete.