Die Bühne ist in ein warmes Orange-Rot getaucht an diesem Sonntagmorgen im Bonner World Conference Center (WCCB). Rund 600 Mitglieder des Bündnis‘ Sahra Wagenknecht (BSW) warten im Saal auf den Beginn ihres Bundesparteitags. Hinter ihnen sitzen mindestens genau so viele Gäste ohne Stimmrecht, die den Parteitag oft mit ähnlicher Spannung beobachten. Es soll schließlich um die wichtigsten Themen für den Bundestags-Wahlkampf gehen und auch das Wahlprogramm soll heute beschlossen werden.
Wagenknecht will Friedens-Partei
Emotionen spielen beim BSW eine große Rolle, das wird gleich zu Beginn des Parteitags klar. Nicht nur die Farbwahl passend zum Parteilogo, auch die virtuelle Einstimmung setzt darauf. "Unser Land verdient mehr" steht in riesigen Buchstaben auf der Leinwand, dazu ergänzend wechselnde Begriffe: Kompetenz, Freude, Frieden gehören dazu, aber auch Rückgrat und Sicherheit.
Es folgen historische Bilder aus dem Bonner Hofgarten. Damals, Anfang der 1980er Jahre, hatten hier hunderttausende Demonstranten für Frieden und Abrüstung demonstriert. Das BSW sieht sich in deren Tradition, das sollen die prominent gesetzten Bilder gleich zum Beginn des Parteitags – inklusive weißer Friedenstaube – unmissverständlich klarmachen. Und auch später am Tag gibt es immer dann besonders intensiven Applaus, wenn jemand auf der Bühne über genau dieses Thema spricht, es ist den anwesenden Mitgliedern erkennbar besonders wichtig.
Die Hoffnung der Partei ist, dass sie mit dem Friedens-Thema im Februar auch bei den Wählern punkten kann. Die deutliche Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine ist ein Alleinstellungsmerkmal des BSW. Darauf setzt die Partei. Deshalb positioniert sich Wagenknecht in ihrer langen Rede auf dem Parteitag auch deutlich. Sie spricht über "Taurus-Merz", "Umfaller-Olaf" und "die wilden Sofakrieger von den Grünen". Mit ihnen - und auch der AfD - wäre der Frieden in Deutschland in großer Gefahr.
Namensgeberin Wagenknecht tritt in NRW an
Sahra Wagenknecht will über den ersten Platz der NRW-Landesliste in den Bundestag kommen. Warum NRW? Das weiß kaum jemand auf dem Bonner Parteitag so genau, aber es ist den meisten auch egal. Irgendwie hat es halt Tradition. Wagenknecht war auch schon bei ihrer Ex-Partei, der Linken, über die NRW-Landesliste in den Bundestag gezogen.
Rund 160 Mitglieder hat das BSW inzwischen in NRW, auf ihren Schultern lastet ein großer Teil des Wahlkampfs. Plakate kleben, Wahlkampfstände betreuen und Diskussionen organisieren: Auch wenn die Parteil auf erfahrene Kommunalpolitiker setzen kann, meist ehemalige Linken-Mitglieder, zumindest ein Teil der BSW-Mitglieder macht das zum ersten Mal. Und die großen, etablierten Parteien haben deutlich mehr Routine und Personal.
Und gerade in NRW muss das BSW besonders kämpfen. Anders als zum Beispiel in den ostdeutschen Bundesländern, wo die Partei inzwischen in drei Landtagen sitzt, schneidet Wagenknechts Partei in den Umfragen in NRW nicht besonders gut ab. Im aktuellsten NRW-Trend des WDR (vom Oktober 2024) kam die Partei auf gerade mal vier Prozent.
Quellen:
- Reporterin vor Ort beim Bundesparteitag
- Reden auf dem Parteitag
- Eigene Recherche