Elmar Brok und Herbert Reul sind da. Es ist ein sonniger Frühjahrstag. Die beiden Spitzenkandidaten der nordrhein-westfälischen CDU für die Europawahl präsentieren sich in Düsseldorf. Vor der CDU-Landeszentrale steigen Reul und Brok Ende April aus einem Wahlkampf-Bus. Doch die Spitzenkandidaten stehen nicht im Mittelpunkt. Vor ihnen laufen CDU-Landeschef Armin Laschet und Luxemburgs Ex-Premier Jean-Claude Juncker, der europaweite Spitzenkandidat der christlich-konservativen Parteien. Auch die Reporter fragen vor allem Laschet und Juncker. Bei der Pressekonferenz sitzen Brok und Reul eher am Rand. Brok liest in Unterlagen. Reul zückt seine Lesebrille und tippt auf seinem Smartphone herum. Derweil redet Juncker mit den Journalisten.
Plakate nur mit Merkel-Foto
Der Wahlkampf ist nicht gerade auf die beiden Listen-Anführer der NRW-CDU zugeschnitten. Auf den Großplakaten der Christdemokraten zur Wahl des EU-Parlaments am 25. Mai sind nicht sie abgebildet, sondern Angela Merkel. Die Kanzlerin ist das Zugpferd der CDU-Kampagne, obwohl sie gar nicht zur Wahl steht. Reul und Brok bleibt die politische Graswurzelarbeit. "Industriepolitik" ist ein vielbenutztes Wort von Reul im Wahlkampf. Der 61-Jährige will sich "von morgens bis abends" um den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen kümmern - erst dann komme, "was es sonst noch an Weltproblemen" gebe. Eines dieser "Weltprobleme" ist die Sommerzeit, für deren Abschaffung der Familienvater und Lehrer seit Jahren zu Felde zieht.
Beide sind erfahren und kennen alle Tricks
Seit 2004 sitzt Reul im Europaparlament. Vorher war er Generalsekretär der Landes-CDU. Reul gilt als vernetzter, erfahrener und wenn es sein muss auch trickreicher Politiker. Nur so konnte es der Mann aus Leichlingen schaffen, den jahrelangen NRW-Spitzenkandidaten Elmar Brok vom ersten Platz der CDU-Landesliste zu verdrängen.
Der bald 68-jährige Brok gilt als - vernetzter, erfahrener und wenn es sein muss auch trickreicher Politiker. Genauso wie Reul also. Bei der Spitzenkandidatur wurde er allerdings von Reul ausgestochen, obwohl der Außenpolitik-Experte Brok bereits seit 1980 dem Europäischen Parlament angehört. "Natürlich war Elmar Brok nicht begeistert, dass er nur noch Nummer zwei der CDU-Liste ist", sagt ein Christdemokrat aus dem Landesvorstand. Aber beide Politiker hätten sich jetzt "arrangiert".
Kein täglicher Kaffee zu zweit
Auf ihre Rivalität und die jetzige Zusammenarbeit angesprochen, reagieren Reul und Brok leicht angenervt. "Wir sehen uns nicht jeden Tag, da jeder von uns an anderer Stelle unterwegs ist, um Leute zu gewinnen", sagt Reul. "Ich habe keine Lust mit Elmar, und Elmar auch nicht mit mir, täglich Kaffee zu trinken. Wir sammeln Wählerstimmen. Ende." Beide machten "wahnsinnig viele Veranstaltungen" in NRW. Es sei klug, sich über das "riesengroße" Bundesland zu verteilen. "Jeder in seiner Art. Jeder in seiner Heimat", erläutert Reul. Er beackere eher das Rheinland. Brok kümmere sich um Westfalen. Auch Brok will sich an "Indianerspielchen" à la "Wer mit wem?" nicht beteiligen. Beide kämpften dafür, dass Juncker EU-Kommissionspräsident werde, sagt Brok knapp.
Nähe zu Klitschko
Im Doppelpack dürfte ihre politische Erfahrung unschlagbar sein. Das ist die positive Lesart. Man könnte aber auch sagen, das Karriereende ist für Reul, vor allem aber für Brok bereits absehbar. "Der Spiegel" bezeichnete Brok einmal als "Brüsseler Lobbyisten" des Gütersloher Bertelsmann-Konzerns. Tatsächlich war der in Verl geborene Familienvater bis 2011 "Senior Vice President Media Development der Bertelsmann AG". Auffällig ist, wie stark der Außenpolitiker Brok in den letzten Jahren den ukrainischen Oppositionspolitiker und Ex-Boxer Vitali Klitschko unterstützte. Der Ukraine-Konflikt ist ein Dauerthema für Brok. Er ist regelmäßiger Interviewpartner der Medien, oft Gast in Talkshows.
Reul und Brok haben den Wiedereinzug ins EU-Parlament wegen ihrer vorderen Listenplätze sicher. Im Parlament haben sie schon bisher eine funktionierende Arbeitsteilung, bei der es durchaus bleiben könnte: Reul ist Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe in der Volksvertretung - und Brok ist Chef der NRW-Landesgruppe im Europäischen Parlament. Beide haben also ihr politisches Terrain in Brüssel und Straßburg sorgsam abgesteckt.