Eine ganze Seite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist mit der Edeka Anzeige "Warum bei Edeka Blau nicht zu Wahl steht." bedruckt.

Edeka rät von Stimme für AfD ab - auch NRW-Unternehmen warnen

Stand: 30.08.2024, 16:38 Uhr

Wenige Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ruft der Handelsriese Edeka indirekt dazu auf, nicht die AfD zu wählen. Die Supermarktkette veröffentlichte eine Anzeige mit dem Titel: "Warum bei Edeka Blau nicht zur Wahl steht".

Von Jörn SeidelJörn Seidel

Der Aufruf in der Edeka-Anzeige, die am Donnerstag ganzseitig in den gedruckten, überregionalen Zeitungen "Die Zeit" und "Frankfurter Allgemeine Zeitung" erschien, spielt unmissverständlich auf die AfD an. Blau ist die Parteifarbe der Alternative für Deutschland, die der Verfassungsschutz in beiden Bundesländern als rechtsextremistisch einstuft.

Edeka: Obst zeige, dass Blau "keine gute Wahl" sei

In der Anzeige sind zahlreiche Obst- und Gemüsesorten wie Gurken, Brokkoli, Bananen, Kirschen und Erdbeeren abgebildet. "In der Obst- und Gemüseabteilung herrscht die bunte Vielfalt", steht im Text. "Die Evolution hat uns gelehrt: Blau ist keine gute Wahl", heißt es.

"In Deutschland sind die Blauen schon heute die größte Bedrohung einer vielfältigen Gesellschaft." Aus der Edeka-Anzeige

Was treibt den Handelsriesen an, vor den Landtagswahlen eine solche Anzeige zu schalten, was für ein Unternehmen dieser Größe ungewöhnlich ist?

Edeka auf WDR-Anfrage: Vielfalt "elementarer Wert"

Auf WDR-Anfrage erklärt das Unternehmen dazu lediglich: "Für den Edeka-Verbund sind Vielfalt, Toleranz und das Bekenntnis zu einer offenen Gesellschaft elementare Werte, zu denen wir uns bekennen und die in unserem Selbstverständnis verankert sind."

Edeka-Anzeige in der Wochenzeitung Zeit

WDR Studios NRW 30.08.2024 03:09 Min. Verfügbar bis 31.08.2026 WDR Online


AfD bedankt sich für "Unterstützung"

Torben Braga beim Sommerfest der AfD 2024

Torben Braga gehört dem Vorstand der AfD Thüringen an.

Die AfD reagierte auf die Werbekampagne des Unternehmens unter anderem mit Dank: Der stellvertretende Sprecher des Landesvorstands Thüringen, Torben Braga, bezeichnete die Anzeige im sozialen Netzwerk X als "fleißige Unterstützung" im Wahlkampf. "Ihre Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten wählen uns auch."

Deutsche Familienunternehmer sprechen sich gegen AfD aus

Marie-Christine Ostermann Präsidentin des Verbands Die Familienunternehmer und Unternehmerin in Hamm

Marie-Christine Ostermann, Präsidentin Die Familienunternehmer

Sorgen wegen möglicher Regierungsbeteiligungen der AfD in Landesregierungen machen sich auch die deutschen Familienunternehmen. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands Die Familienunternehmer und Chefin des Lebensmittelgroßhandels Rullko in Hamm, sagte am Donnerstag dem WDR:

"Die Familienunternehmer sprechen sich in Land und Bund deutlich gegen eine Wahl der AfD aus. Die AfD ist eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland." Marie-Christine Ostermann, Die Familienunternehmer

"Nicht nur sind die häufig rassistischen Äußerungen des AfD-Personals ein massives Hemmnis für die Fachkräfteeinwanderung, auch die Wirtschaftspolitik der AfD ist gegen die Interessen der Familienunternehmen und ihrer Beschäftigten gerichtet", so Ostermann weiter.

Auch Handelsverband Deutschland warnt

Der Handelsverband Deutschland (HDE) hatte sich in dieser Woche ebenfalls öffentlich zu Wort gemeldet. Präsident Alexander von Preen rief zur Wahl demokratischer Parteien auf.

Alexander von Preen, Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE)

Alexander von Preen, Präsident Handelsverband Deutschland

"Ich kann nur alle Akteure davor warnen, die gesellschaftlichen Spielregeln in Richtung Ausgrenzung und Hass zu verschieben. Das führt Gesellschaft und Wirtschaft nicht in eine positive Zukunft, sondern in eine Sackgasse", sagte er. 

Handelsverband verweist auf unbesetzte Stellen

Im Einzelhandel sind laut HDE zurzeit etwa 120.000 Stellen unbesetzt. "Woher sollen die Menschen denn alle kommen, wenn Politiker an das Ruder gelangen, die auf Ausgrenzung und Abschottung setzen?", so von Preen.

Er bezeichnete die AfD als gefährlich und verantwortungslos: "Mit Björn Höcke hat sich eine der Führungsfiguren der AfD zum wiederholten Male selbst demaskiert, als er den Familienunternehmen, die öffentlich eine Aktion für Vielfalt in Gesellschaft und Wirtschaft unterstützen, die Insolvenz wünschte.

Zahlreiche NRW-Unternehmen bekennen sich zu Vielfalt

Von Preen bezieht sich dabei auf die vor wenigen Tagen von mehr als 40 deutschen Unternehmen initiierte Kampagne "Made in Germany - Made by Vielfalt". Wie auch die Edeka-Anzeige richtet sie sich gegen die Pläne der AfD.

Beteiligt sind unter anderem die Drogeriekette Rossmann, der Motorsägen- und Gartengerätehersteller Stihl und der Audiospezialist Sennheiser. Auch zahlreiche Unternehmen aus NRW machen mit - eine Auswahl:

  • Nahrungsmittel-Gruppe Dr. Oetker in Bielefeld
  • Haushaltsgerätehersteller Vorwerk in Wuppertal
  • Hygienepapier-Hersteller Wepa in Arnsberg-Müschede
  • Messtechnik-Unternehmen Krohne in Duisburg
  • Lebensmittelkonzern Pfeifer & Langen in Köln
  • Metallverarbeiter Otto Fuchs in Meinerzhagen
  • Logistikunternehmen Fiege in Greven
  • Haushaltsgerätehersteller Miele in Gütersloh

"Bei Fiege arbeiten 22.000 Menschen aus 123 Ländern. Das heißt, mehr als die Hälfte unserer Kolleginnen und Kollegen kommen nicht aus Deutschland. Da ist es unsere Pflicht, uns für demokratische Werte, Vielfalt und Toleranz einzusetzen", sagte Vorstandsmitglied Martin Rademaker auf WDR-Anfrage.

Vielfalt als Wirtschaftsmotor

Vielfalt und Toleranz sei ein wesentlicher Teil des Erfolgsmodells Deutschlands als Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb und des Gemeinwesens, heißt es vom Hygienepapier-Hersteller Wepa aus Arnsberg. "Die Herkunft der Menschen in unseren Unternehmen ist vielfältig. Vielfalt ist heute und in Zukunft ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg deutscher Familienunternehmen."

Ähnliche äußerte sich Dr. Oetker: "Die Vielfalt in unseren Werken und Betrieben ist eine Stärke, die es zu erhalten gilt", teilte die Unternehmensgruppe mit. Ohnehin sei die deutsche Wirtschaft auf Zuwanderung angewiesen. Man wolle die Teilnahme an der Aktion aber nicht als Wahlempfehlung verstanden wissen, so Dr. Oetker weiter. Das werde man weder jetzt noch künftig tun.

Höcke hofft auf "wirtschaftliche Turbulenzen" für Unternehmen

Björn Höcke beim Wahlkampf in Apolda

Björn Höcke, AfD-Spitzenkandidat in Thüringen

Thüringens AfD-Spitzenkandidat Höcke hatte die Kampagne bei einem Wahlkampftermin am Wochenende in Sömmerda laut einem Bericht des MDR als Heuchelei bezeichnet. Und er sagte:

"Ich hoffe, dass diese Unternehmen in schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen kommen." Björn Höcke, AfD Thüringen

In Sachsen und Thüringen wird am Sonntag gewählt. In aktuellen Umfragen liegt die AfD in beiden Ländern bei Werten um 30 Prozent.

Über dieses Thema berichteten wir auch am 30.08.2024 um 18.30 Uhr im Echo des Tages bei WDR 5.

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