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Die Besetzung des Autonomen Zentrums "Rote Flora" in Hamburg

WDR Zeitzeichen 01.11.2024 14:35 Min. Verfügbar bis 02.11.2099 WDR 5

Wenn über das Hamburger Schanzenviertel berichtet wird, geht es oft um Protest, Krawall – und die Rote Flora. Am 1.11.1989 wird verkündet: "Die alte Flora ist besetzt".

Die Geschichte des Autonomen Zentrums Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel nimmt mit der Besetzung des ehemaligen Theaters am 1.11.1989 ihren Anfang. In der Flora wollen die Besetzer der Utopie einer Herrschafts- und klassenlosen Gesellschaft näher kommen, indem sie versuchen, sie zu leben. Von Anfang an gibt es Spannungen mit den Behörden. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Schriftliche Stellungnahme der Roten Flora auf WDR-Anfrage, Prof. Armin Pfahl-Traughber, Politikwissenschaftler und Extremismusforscher ****

Das Gebäude im Hamburger Schanzenviertel stammt aus dem 19. Jahrhundert. Es wird ursprünglich als Konzerthaus konzipiert und im Laufe der Zeit als Theater, Varieté, Kino, Lagerhalle und Kaufhaus genutzt. 1988 lässt ein Musical-Produzent das Gebäude bis auf den dekorativen Eingangsbereich abreißen – er will dort ein riesiges Musical-Theater errichten. Gespielt werden soll "Das Phantom der Oper".

Doch Anwohner, Gewerbetreibende und autonome Gruppen wehren sich gemeinsam gegen das Projekt, das ihrer Ansicht nach die Mieten vor Ort in die Höhe treiben würde. Nach zahlreichen Protestaktionen und Anschlägen auf die Baustelle, lassen die Investoren das Projekt fallen.

Diverse Initiativen und Protestgruppen fordern, dass aus den Resten des Flora-Theaters ein Stadtteilzentrum wird. Die Stadt Hamburg erlaubt ihnen die befristete Nutzung und im September 1989 wird die "Rote Flora" offiziell eröffnet. Ab dem 1. November 1989 heißt es dann schließlich: "Die alte Flora ist besetzt". In der Flora will man der Utopie einer Herrschafts- und klassenlosen Gesellschaft näher kommen, indem man versucht, sie zu leben.

Die Spannungen zwischen Staat und Autonomen nehmen schnell zu. Einer der Höhepunkte der problematischen Beziehung militanter Autonomer zur Gewalt war in Hamburg 2017 während des G20 Gipfels zu erleben, dem Treffen der führenden Wirtschaftsnationen. Es gibt schwere Krawalle, brennende Autos, Plünderungen sowie hunderte verletzte Polizisten und Demonstranten. Polizei und Demoveranstalter geben sich gegenseitig die Schuld, über die Rolle der Roten Flora gibt es unterschiedliche Ansichten.

In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:
  • wie die Autonomen der Roten Flora ihre Grundsätze selbst beschreiben,
  • mit welchen Inhalten und Aktivitäten verschiedenste Gruppen die Räume der Roten Flora nutzen,
  • wie die Autonomen zum Einsatz von Gewalt stehen,
  • wie der Verfassungsschutz das gegenseitige Vertrauen der Autonomen untereinander untergräbt,
  • dass auch die Rote Flora das Hamburger Schanzenviertel nicht vor Gentrifizierung schützen kann.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Prof. Armin Pfahl-Traughber, Politikwissenschaftler, Extremismusforscher und ehemaliger Referatsleiter in der Abteilung Rechtsextremismus im Bundesamt für Verfassungsschutz
  • schriftliche Stellungnahme der Roten Flora zu WDR-Anfrage
  • Prof. Armin Pfahl-Traughber: Linksextremismus in Deutschland: Eine kritische Bestandsaufnahme. Berlin, 2014
  • A.G. Grauwacke: Autonome in Bewegung: Aus den ersten 23 Jahren. Berlin, 2020

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Daniela Wakonigg
Redaktion: Matti Hesse
Technik: Alexander Buske