Viele kleine und ländliche Gemeinden sind gar nicht oder kaum an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. So kommt Busfahren für die Bewohner:innen trotz Deutschlandticket nicht infrage. Auf dem Land werden sie mit ehrenamtlichem Einsatz, Technik und guten Ideen trotzdem mobil.
Autofrei auf dem Land - dafür braucht es Ideen
Ohne Auto zu allen Terminen, zur Schule, zum Einkaufen und zu Events am Wochenende – auf dem Land würde das viel verändern. Die Abgase und der Lärm aus dem Verkehr würden die Menschen und das Klima weniger belasten. Wer kein Auto hat oder fahren darf, ist trotzdem mobil und kann teilhaben. Der Stau am Morgen wäre kürzer und wahrscheinlich gäbe es auch weniger Verkehrsunfälle.
Busse und Züge lohnen sich vor allem dort, wo viele Menschen in die gleiche Richtung fahren. Aber genau das ist auf dem Dorf, wo wenige Menschen wohnen, ein Problem.
Würde an jeder Ecke alle zehn Minuten ein Bus anhalten, bliebe er meistens leer und die Verkehrsunternehmen auf den Kosten sitzen. Schon jetzt reichen Ticketpreise kaum aus, um Busse und Regionalzüge zu finanzieren. Wie kann es also trotzdem funktionieren?
Der Bürgerbus - deine Nachbar:innen als Busfahrer:innen
Wie es funktionieren kann, zeigt der Bürgerbus in Korschenbroich. Er fährt Orte wie Rubbelrath, Schloss Dyck und das Nikolauskloster an. Es sind die Bewohner:innen der kleinen Stadt am Niederrhein, die in ihrer Freizeit hinter dem Steuer der kleinen Bussen sitzen. Sie bekommen allerdings kein Geld für ihre Arbeit, ihr Engagement ist ehrenamtlich.
Ohne Menschen, die freiwillig helfen, wären Busse hier zu teuer. In Korschenbroich gibt es so viele freiwillige Fahrer:innen, dass sie alle 90 Minuten eine Fahrt starten können. Die Bürgerbusse sind auf dem Land richtige öffentliche Verkehrsmittel, mit Ticket und Haltestelle. Und manchmal gehört auch ein nettes Gespräch dazu.
Der On-Demand-Bus: Er hält, wo du ihn brauchst
Du stehst vor der Sporthalle und willst nach Hause? In Neunkirchen-Seelscheid nimmst du dann einfach dein Handy raus, tippst deinen Fahrtwunsch in eine App und wenige Minuten später steht "Rhesi" vor dir und nimmt dich mit. Rayan Suleaiman ist einer der Fahrer des "On Demand"-Shuttles. Busse wie seiner fahren vor, wenn du sie rufst. Die meisten "On-Demand"- oder "Rufbusse" sind auf dem Land unterwegs.
Die Rhesi-App sagt Fahrer Rayan Suleaiman, wo er als nächstes hinfahren soll. Anders als in einem Taxi, nimmt er im Rhesi-Van auch mehrere Fahrgäste mit. Wenn jemand auf dem Weg zusteigen will, dann hält Rhesi an.
Andere Rufbussysteme fahren dich sogar direkt zum nächsten Linienbus oder zur Bahn — doppelte Fahrten werden so vermieden. Der Ecobus im Harz zum Beispiel. Er bringt dich zur nächsten passenden Haltestelle und sorgt so für volle Linienbusse.
Carsharing: Eine Lösung auch für kleine Orte
Carsharing-Angebote gibt zwar vor allem in Großstädten wie München, wo auch mehrere Privatunternehmen miteinander konkurrieren. Im Bergischen Overath gibt es ebenfalls ein Carsharing-Angebot, hier aber haben sich die Einwohner:innen zusammengetan und selbst eine Car Sharing Community gebildet. Als Genossenschaft bezahlen sie die Autos und kümmern sich um Ladesäulen. So sind sie unabhängig von Car Sharing Firmen.
"Teilen - das neue Haben" ist auch das Motto des "Dörpsmobil" in der nordfriesischen Gemeinde Klixbüll. Der Ort, in dem 974 Menschen wohnen, liegt in Schleswig-Holstein, nicht weit von der dänischen Grenze. Seit 2016 können sich Mitglieder des Dorfvereins ein Elektroauto ausleihen. Wer mit diesem E-Auto fährt, kann sich ziemlich sicher sein, dass der Strom für den Antrieb direkt aus den Klixbüller Windmühlen kommt.
Die Mitfahrbank: Das neue Trampen auf dem Land
Im ländlichen Raum sind ziemlich viele Autos unterwegs, meistens sitzt aber nur eine Person darin. Hier setzen die Mitfahrbänke an, das Prinzip: Setz dich drauf und werde mitgenommen. Sobald du einsteigst, bildet ihr im Auto eine Fahrgemeinschaft.
Mitfahrbänke gibt es schon in vielen Orten in ganz Deutschland, zum Beispiel in Etteln bei Paderborn. Dort hilft dir zusätzlich noch eine eigene Dorf-App beim Trampen. Du schreibst einfach in die App, wohin du mitgenommen werden willst. Alle App-Nutzer:innen mit Auto erfahren dann, dass du auf der Bank sitzt und wartest. Sobald jemand anhält, kann es losgehen.
Der Radschnellweg: Eine Landstraße für Fahrräder
Es muss aber nicht immer das Auto oder die Bus sein. Zwischen Mülheim an der Ruhr und Essen kannst du auf dem Fahrrad richtig schnell vorankommen. Der RS1, der erste Radschnellweg in NRW, ist dort schon auf ein paar Kilometern fertiggestellt.
Irgendwann einmal soll der RS1 quer durchs Ruhrgebiet führen. Anders als auf normalen Fahrradwegen gibt’s hier keine Autos und du hast Vorfahrt — auch vor Fußgängerinnen und Fußgängern. So kannst du mit durchschnittlich zwanzig Stundenkilometern durchs Ruhrgebiet reisen.
Im Kreis Steinfurt im Münsterland entsteht gerade auf alten Bahntrassen ein Radwegenetz. Zwischen Ochtrup, Metelen, Steinfurt, Rheine, Neuenkirchen und Wettringen können die Menschen dann viel schneller und sicherer Radfahren. Die Bahntrassen werden sowieso schon seit längerer Zeit nicht mehr genutzt. Aber das ändert sich gerade. Auf Teilen der alten Strecken fahren schon heute Fahrräder.
Noch mehr gute Gründe, die Verkehrswende anzugehen
Fahrradfahren ist schon jetzt meist schneller als Autofahren - jedenfalls, wenn deine Strecke kürzer als fünf Kilometer ist. Wenn du täglich zehn Kilometer radelst statt Auto fährst, sparst du dabei zwei Kilo Co2-Äquivalente und kannst dir auch eine kleine Extraportion Chips gönnen. Fahrradfahren ist also gleich aus mehreren Gründen eine gute Idee.
Kommentare zum Thema
Eine tolle Zusammenstellung von möglichen Verbesserungen. Es ist schade, dass der Radfahrschnellweg zwischen Mühlheim und Essen noch nicht fertig ist. Wenn man den Verkehrsfluss auf den Autobahnen im Ruhrgebiet betrachtet, besonders der A40, kann man sich solche Lösungen nur wünschen.
Sehr guter Artikel, sollte in allen Amtsstuben der Republik ausgelegt werden, die immer noch das Auto als gegenwärtiges Verkehrsmittel sehen. Wie z.B. viel Kleinstädte (z.B. Meppen im EL),wo fast jeder Haushalt mindestens 2 Autos hat und in den Bussen mit einer Kapazität von 60 Plätzen im Schnitt weniger als 5 Personen (außer Schülertransfer) fahren Deshalb fahren dort auch sonntags gar keine Busse, da Nicht-Autofahrer belächelt werden... Wieviel wird in den Ausbau der Straßen investiert - wieviel in den Ausbau der Radwege und Schienennetze?
Vielen Dank für das nette Lob! Interessant dabei ist eben auch die Wechselwirkung von der viele Gemeinden, besonders in Mobilitätsfragen stehen. Wenig Leute nutzen den ÖPNV, weshalb nicht in ihn investiert wird, weshalb ihn wieder wenige nutzen, usw. Ohne Projekte wie diese oder weitere Förderung wird es aber natürlich schwer diesen Stillstand zu beseitigen. Vielleicht sehen wir ja bald manche der hier vorgestellten Ideen weiter verbreitet.
Klingt zwar ganz nett, aber in private Autos fremder Leute einsteigen? Selbst für Männer ist das gefährlich, der andere kann ja ein Messer oder sogar ne Knarre haben und einen ausrauben und am Dorf gibt's dann erst recht keine Zeugen. Und überzeugte Autofahrer kriegt man eh nicht von ihrem Liebling weg, weil der Bus angeblich langsamer ist. Selbst wenn der Bus 3x in der Stunde fährt. Man braucht zwar keine Parkplätze suchen, Parkscheine kaufen aber da achten die nicht drauf. Und für mehr Schnell- und X-Busse fehlen Geld und Fahrer. Dazu kommt noch: Autos, Motorräder usw streiken nicht. Im Gegensatz zu Busfahrern. Und wenn die von Opel ne Panne haben, zahlt man immerhin keinen Sprit für die nicht durchgeführte Fahrt. Streiken die Busfahrer, kriegt man nichts erstattet.