Check-up

Hirnschrittmacher lindert Parkinson-Symptome

Stand: 17.06.2015, 17:57 Uhr

Bis zu 400.000 Menschen sind in Deutschland von Parkinson betroffen. Die Zitterlähmung ist immer noch unheilbar, aber die Symptome lassen sich mit einem so genannten Hirnschrittmacher mittlerweile lindern. Das weltweit größte Implantationszentrum dafür ist die Kölner Uniklinik.

Heute klappt das Anzünden gut. Doch oft zittern Achims Hände so sehr, dass es kaum möglich ist. Achim leidet seit mehr als zehn Jahren an Parkinson. "Es ist eine erhebliche Minderung der Lebensqualität. Sie besteht nur noch aus einzelnen Höhepunkten, aber das allgemeine Wohlbefinden ist weg. Man wird auch ein anderer Mensch." Tabletten wirken bei dem 58-Jährigen kaum noch, der Leidensdruck ist groß: "Ich muss mich zu Sachen zwingen, die mir früher leicht von der Hand gegangen sind, psychisch wird es auch immer mehr ein Problem." In der Uni-Klinik Köln testet Neurologe Lars Timmermann, ob eine Operation Achim helfen könnte. Helfen könnte ein so genannter Hirnstimulator. Dabei wird dem Patienten oberhalb des Brustmuskels ein Schrittmacher eingesetzt, der über ein Kabel mit zwei Sonden im Kopf verbunden ist. Elektrische Reize sollen das Zittern und die Bewegungsstörungen des Patienten unterdrücken.

Eine genaue Auswahl der Patienten ist wichtig

Etwa 100 dieser Schrittmacher pflanzen Timmermann und sein Team jährlich ein - immer öfter auch bei jüngeren Patienten. Denn während dies früher oft der letzte Schritt war, konnten die Kölner Forscher im Frühjahr in einer Studie belegen, dass das Verfahren auch im frühen Stadium der Erkrankung zu guten Ergebnissen führt: "Vor allen Dingen sind es Patienten, die wenig psychische Probleme haben und bei denen Konzentration und Gedächtnis nach wie vor sehr gut sind." Bei ihnen könne er sagen, das Risiko sei gering und das angestrebte Ergebnis sei möglicherweise sehr gut. Eine genaue Auswahl ist extrem wichtig, so Timmermann, denn immer wieder gibt es Berichte darüber, dass die tiefe Hirnstimulation bei manchen Patienten nicht nur die Bewegung sondern auch die Persönlichkeit verändert. "Es gibt Patienten, die sind vor der Operation eher schlechter Stimmung, und bei denen besteht das Risiko, nachher in ein richtiges Loch zu fallen."

Die Beweglichkeit verbessert, die Sprache hat gelitten

Muhammad Ali nimmt am 19.11.1999 bei einer internationalen Gala in Wien die Trophäe für die Auszeichnung zum "Kampfsportler des Jahrhunderts" entgegen.

Boxlegende Muhammad Ali ist seit fast 30 Jahren an Parkinson erkrankt

Bei Achim sind alle Vorzeichen gut - das haben die Untersuchungen ergeben. Vor dem Eingriff fürchtet er sich dennoch . Georg Habertheuer hat den Schritt hingegen hinter sich. Seit zehn Jahren leidet er an Parkinson, vor gut einem Jahr entschied er sich für den Stimulator: "Die Motorik hat sich sehr stark verbessert. Ich konnte früher nicht mehr gehen. Ich konnte nicht mehr Auto fahren, ich konnte nicht mehr laufen, joggen - Sport war unmöglich." Die Möglichkeiten an Medikamenten waren ausgereizt, die Entscheidung zur Operation sei naheliegend gewesen. Ergebnis: Der Stimulator hat die Beweglichkeit deutlich verbessert, doch seine Sprache hat dadurch gelitten. Die Stimme ist nicht mehr so kräftig, er verschluckt Endungen. Würde er sich rüchblickend noch einmal dafür entscheiden? "Ja, was bleibt mir anderes übrig?" Georg Habertheuer weiß, dass die Krankheit eben noch immer nicht heilbar ist. Und doch ist er froh, dass sein Leben durch den Stimulator zumindest ein bißchen leichter ist.

Korrektur (17.06.2015)

In einer früheren Version dieses Textes haben wir die Zahl 400.000 fälschlicherweise als Zahl der pro Jahr in Deutschland neu Erkrankten angegeben. Tatsächlich handelt es sich bei der 400.000 um die Zahl der insgesamt von Parkinson betroffenen Menschen. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.