Wechsel an der Spitze der Landesbank
Der Neue bei der WestLB
Stand: 30.04.2008, 06:00 Uhr
Am Donnerstag (01.05.2008) tritt Heinz Hilgert einen der am härtesten umkämpften Jobs in NRW an. Er wird Vorstandsvorsitzender der Düsseldorfer WestLB. Auf den 54-Jährigen wartet vor allem eins: Großreinemachen.
Aufsichtsratschef Michael Breuer schätzt Hilgert als "Mann der Gestaltung", der "besondere Kompetenzen bei Fusionen und der Restrukturierung bankbetrieblicher Prozesse" mitbringe. Die kann Hilgert, der Alexander Stuhlmann ablöst, an seinem neuen Arbeitsplatz gut gebrauchen: Die WestLB steht vor einer umfassenden Restrukturierung - mal wieder. Mit dem Unterschied zu früheren Umbauten, dass die Geduld der Eigentümer erschöpft ist: Der im Februar ausgehandelte Rettungsplan für die Bank kann das Land NRW sowie die Sparkassenverbände Rheinland und Westfalen-Lippe bis zu fünf Milliarden Euro kosten. Die WestLB war durch Fehlspekulationen im Aktienhandel und durch die Hypothekenkrise in den USA fast Pleite gegangen. Allein im vergangenen Jahr hat sie 1,6 Milliarden Euro Verlust gemacht.
Sparen, Geschäftsmodell umstricken, Partner suchen
"Herr Hilgert wird zunächst, auch in seinem ureigensten Interesse, dafür sorgen müssen, dass alle existierenden Risiken auf den Tisch kommen, damit nicht erneut unangenehme Überraschungen auftreten", sagt Professor Andreas Pfingsten vom Institut für Kreditwesen der Uni Münster. Drei Aufgaben seien vordringlich: Sparen, Geschäftsmodell umstricken, Partner suchen.
Bis 2010 sollen 1.350 von derzeit 5.900 Stellen wegfallen. Als neues Geschäftsmodell bietet sich der Einstieg ins Privatkundengeschäft an, was allerdings rechtlich noch nicht möglich ist und auf einen Konflikt mit den Sparkassen hinausläuft. Die Fusionspläne liegen nach der Absage der Helaba erst mal auf Eis, trotzdem erwarten die Eigentümer von Hilgert, dass er weiter nach einem Partner Ausschau hält.
Ungeduldiges Arbeitstier
Bleibt Hilgert längerfristig?
Genug Arbeit für einen Herkules. So sieht Hilgert aber nicht aus. Schlank, korrekt gescheitelt, randlose Brille - eher der intellektuelle Typ. Der jedoch zubeißen kann. Ehemalige Mitarbeiter beschreiben ihn als Arbeitstier, das sogar am Wochenende dienstliche Mails innerhalb von zehn Minuten beantwortet. Er sei geradeheraus, durchsetzungsstark, manchmal ungeduldig bis aufbrausend, wenn jemand mit seinem Tempo nicht Schritt hält.
Vielleicht war es diese Härte, die ihn bei seinem Ex-Arbeitgeber, der genossenschaftlichen DZ Bank in Frankfurt, scheitern ließ. Hilgert, der im Vorstand für Kapitalmarktaktivitäten verantwortlich war, hatte über viele Jahre auf die Nachfolge seines Chefs und Mentors Ulrich Brixner hingearbeitet. Er bekam den Job nicht - angeblich lehnten ihn die Arbeitnehmervertreter ab - und verließ im Oktober 2007 die DZ Bank.
Im Gepäck hatte er einiges, das ihm nun zugute kommt: "Die WestLB braucht Kunden, mit denen sie ertragreiche Geschäfte machen kann, sonst hat die Bank als eigenständige Adresse keine Zukunft", sagt Branchenkenner Professor Stefan Stein von der Ruhr-Uni Bochum. "Herr Hilgert bringt hier sicher gute Erfahrungen aus dem Genossenschaftslager ein, wo das Zusammenspiel von DZ Bank und WGZ Bank mit den Volks- und Raiffeisenbanken ja gut funktioniert."
Wurzeln in NRW
Hilgert kennt Land und Leute in NRW, dürfte sich in Düsseldorf wohlfühlen. Geboren ist er in Lemgo/Lippe, zum Studium der Wirtschaftswissenschaften ging er nach Duisburg. Seine Banker-Karriere begann er 1979 bei der Chase Manhattan Bank. Zwischen 1985 und 1996 war Hilgert unter anderem im Investmentbanking des Düsseldorfer Bankhauses Trinkaus & Burkhardt tätig, dann wechselte er in den genossenschaftlichen Finanzverbund, wo er an mehreren Fusionen mitwirkte.
Die neue Aufgabe bei der WestLB ist für den 54-Jährigen mehr als ein Alterssitz. Wenn sein Fünfjahresvertrag 2013 ausläuft, ist eine Verlängerung nicht ausgeschlossen.