Im Mai 2009 soll der zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft treten. Er reguliert vor allem den Bereich der digitalen Hörfunk- und Fernsehangebote und der so genannten Telemedien - also etwa öffentlich-rechtliche Onlineangebote und Videotext - neu. Hintergrund ist eine Forderung aus Brüssel: Die Europäische Kommission gibt vor, dass sich die gesamte Medienlandschaft in Deutschland stark an europäischen wettbewerbsrechtlichen Vorgaben orientieren muss. Inhalte, die mit Hilfe von Rundfunkgebühren bezahlt wurden, stören nach dieser Ansicht in vielen Fällen den Markt.
Der Verband Privater Rundfunk- und Telemedien (VPRT) hatte sich erstmals 2002 bei der Europäischen Kommission darüber beschwert, dass ARD und ZDF Inhalte kostenlos im Internet anbieten. Das mache ihre werbefinanzierten Angebote unattraktiv; zudem verzerrten Rundfunkgebühren als Beihilfe den Wettbewerb, argumentierten sie im so genannten VPRT-Verfahren.
ARD und ZDF sind der Meinung, dass sie mit diesen Aktivitäten ihren Auftrag erfüllen. Außerdem argumentieren sie damit, dass viele Inhalte schon für das Radio- und Fernsehprogramm erstellt wurden und es nur sehr wenig zusätzlich kostet, diese Inhalte auch im Internet zur zeitsouveränen Nutzung anzubieten. Dabei ist es für ARD und ZDF besonders wichtig, dass via Internet jüngere Zielgruppen erreicht werden können, die vor allem über das klassische Fernsehen nicht mehr so wie früher zu erreichen sind. Im Internet wachsen Radio und Fernsehen mit Text und Animation zu einem multimedialen, interaktiven Programm zusammen.
Der Weg zum Staatsvertrag
Die VPRT-Beschwerde hat die EU-Kommission im April 2007 mit einer Entscheidung beendet. Diese erzwingt eine Veränderung der gesetzlichen Vorgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, weil der Auftrag in vielen Fällen konkretisiert werden muss. Hierzu gehört etwa die detaillierte Festlegung für einzelne Betätigungen wie das Angebot von Telemedien - Onlineangeboten und Videotext. Seit Monaten gibt es nun ein Tauziehen zwischen den Verlegern und kommerziellen Rundfunkanbietern auf der einen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf der anderen Seite. Die Entscheidung über das Ausmaß der von Brüssel erzwungenen neuen Regulierungsnotwendigkeiten treffen die Ministerpräsidenten der Länder. Sie haben sich im Oktober 2008 auf den Text des zwölften Rundfunkstaatsvertrags geeinigt. Bis zur Unterzeichnung im Dezember sollten aber noch weitere Gespräche mit der EU-Kommission und den Verlagen geführt werden. Anschließend muss der Staatsvertrag noch in den Länderparlamenten mit Mehrheit beschlossen werden, damit er dann geltendes Landesrecht werden kann.
Verweildauerkonzept
Details, wie lange WDR-Inhalte in Zukunft online bleiben dürfen, sind im Verweildauerkonzept festgelegt. Es ist Teil der Telemedienkonzepte, die der WDR 2009 dem Rundfunkrat vorgelegt hat. Dieser hat in einem sogenannten Dreistufentest zu prüfen, ob die Telemedien des WDR - dazu zählen Onlineangebote und der WDR Videotext - dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entsprechen, welchen qualitativen Beitrag sie zum publizistischen Wettbewerb leisten und welcher finanzielle Aufwand dafür erforderlich ist.
Insgesamt fünf Telemedienkonzepte hat der WDR dem Rundfunkrat zur Genehmigung vorgelegt, darunter die für WDR.de, WDR Videotext und die ARD-Gemeinschaftsangebote Sportschau.de und Einsfestival.de. Die Entscheidung des Rundfunkrates zu den Telemedienkonzepten von WDR-Online und WDR Videotext ist am Mittwoch, am 19. Mai 2010, erfolgt.
Aus der Perspektive der Verleger und der privaten Fernseh- und Radiosender ist der vorliegende Gesetzentwurf nicht weitreichend genug - aus der Perspektive von ARD und ZDF geht er über das von Brüssel geforderte Maß der Regulierung hinaus.