Der Schildausbau ist das Kernstück, Schacht 10 war das Nadelöhr. Durch ihn mussten die 210 Hightech-Kolosse in die Tiefe. Die Schilde, jedes 40 Tonnen schwer, bilden aneinandergereiht eine 350 Meter lange stählernde Reihe. Sie schützt Menschen und Technik an der Abbaufront. In fünf Teile mussten die Kolosse zerlegt werden, bevor sie den Transport in 1250 Meter Tiefe antraten. Das größte Stück, die Hauptkappe, das Dach des Schildes, ist 5,20 Meter lang. Nur hochkant passte es in den Transport-Korb.
Technik made in China und Schalke
Unten ist die "Strecke", ein langer, mächtiger Tunnel. Dort wird das Puzzle aus Stahl derzeit wieder zusammengefügt. Der letzte Schildausbau des deutschen Steinkohlenbergbaus ist eine technische Sensation. Viele hunderte dieser Abbau-Einheiten haben die Zechen an Rhein und Ruhr verschlissen. Fast alle waren Made in Germany, einige kamen aus England oder anderen Ländern, die ebenso führend in der Bergbautechnik waren. Der letzte Ausbau kommt jedoch aus China. Er stammt von der Pingdingshan Coal Mine Machinery. Auf seiner langen Reise von Pingdingshan nach Bottrop hatte er noch einen kurzen Zwischenstop in Gelsenkirchen-Schalke gemacht. Bei der traditionsreichen Maschinenfabrik Glückauf wurde er mit der Hydraulik versehen. Stahl-Stempel, dick wie Baum-Stämme, können die Schutz-Schilde fünf Meter hoch unter das Gebirge drücken. Das ist auch nötig im Flöz Zollverein 1/2. Denn auch das letzte abzubauende Kohlenflöz ist eine Sensation im deutschen Steinkohlebergbau. So mächtige Flöze wurden nur selten abgebaut. In drei Abschnitten ("Bauhöhen") gehen die Bergleute von Prosper-Haniel vor. Gestartet wird mit Bauhöhe 123. Die abzubauende Kohlenschicht, das Flöz also, ist 3,50 Meter bis 3,75 dick. Dort rückt der Schildausbau von November 2014 bis November 2015 vor, an ihm läuft hin und her der Walzenschrämlader, der die Kohle abkratzt und auf den Weg nach oben schickt. Danach ist Bauhöhe 121 an der Reihe, bis zu 4,40 Meter mächtig – normal ist die Hälfte!
Anwohner wehren sich
In Bauhöhe 124 ist dann das Ende der Förderung im Dezember 2018 erreicht. Mit 3,50 Meter ist auch hier das Flöz Zollverein 1/2 noch ungewöhnlich dick. Mit diesem Abbauplan wollen sich die Bergleute von Prosper-Haniel nochmal richtig ins Zeug legen. Aber noch muss die Bezirksregierung in Arnsberg zustimmen. Die Entscheidung soll im Frühsommer fallen, erklärt Behörden-Sprecher Andreas Nörthen. 72 Einwendungen gibt es. Die meisten stehen auf Vordrucken der Bergbaukritiker. Michael Farien ist Sprecher des Initiativkreises Kirchhellen. Er meint, das Genehmigungsverfahren geht zu schnell. Er sieht keine Möglichkeit, den Abbau zu verhindern. Aber es werde noch zu wenig getan, um Bergschäden zu minimieren, sagt er. Sinnvoll wäre auf jeden Fall, die Erfahrungen mit der ersten Bauhöhe abzuwarten, danach müsste es nochmal Gelegenheit für Einwendungen geben. Und bisher sei kein kontinuierlicher Schichtbetrieb auch am Wochenende vorgesehen. Stillstand im Abbau erhöhe aber die Risiken von bergbaubedingten Erdstößen, und nach dem Stop am Wochende müsse in der Woche umso schneller vorgerückt werden.
Bergleute freuen sich
Das Bergwerk versichert, dass die Abbaugeschwindigkeit auch so schon ausreichend reduziert sei, um die Folgen an der Oberfläche möglichst gering zu halten. Aber neue Bergschäden können nicht ausgeschlossen werden. Michael Göge, der Produktionschef von Prosper-Haniel, freut sich jedenfalls auf Flöz Zollverein 1/2: "Ein Walzenbetrieb mit einer Flözmächtigkeit um die 3 Meter 50 ist sicherlich immer für den Bergmann eine schöne Herausforderung."