"Heute Mittag wurde mir als Rechtsbeistand von Wolfgang Clement die Entscheidung der Landesschiedskommission des SPD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen vom 12. Juli 2008 zugestellt, nachdem deren Inhalt bereits gestern in den Medien bekannt wurde.
Gegen diese Entscheidung werde ich fristgerecht im Auftrag von Wolfgang Clement Berufung bei der Bundesschiedskommission der SPD einlegen.
Die Landesschiedskommission hat mit dem Parteiausschluss von Wolfgang Clement eine Entscheidung getroffen, die geeignet ist, der Sozialdemokratie schweren und nachhaltigen Schaden zuzufügen. Wolfgang Clement ist seit 38 Jahren Mitglied der SPD. Er hat viele wichtige Funktionen in der Partei wahrgenommen. Als ehemaliger Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und als früherer Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gehört er zu den profiliertesten politischen Persönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland. Ihn aus der SPD zu verbannen, hat suizidalen Charakter.
Falls die Entscheidung der Landesschiedskommission Bestand haben sollte, wird sie eine weitreichende politische Signalwirkung über den künftigen Kurs der SPD mit äußerst fatalen Folgen für die Sozialdemokratie haben.
Wenn künftig in der SPD für Wolfgang Clement, einem der herausragenden Protagonisten der Reformpolitik von Gerhard Schröder, kein Platz mehr sein sollte, wäre das eine deutliche Schwächung der Reformbefürworter in der SPD.
Kern der Entscheidung der Landesschiedskommission ist, dass mit Wolfgang Clement einer der wichtigsten Repräsentanten des Reformkurses von Gerhard Schröder aus der Partei gedrängt werden soll, während die Gegner dieses Reformkurses unbehelligt bleiben.
Das hieße dann, dass beispielsweise
einerseits SPD-Mitglieder aus Bochum, die das Ausschlussverfahren gegen Wolfgang Clement betreiben, unbehelligt von innerparteilichen Sanktionen behaupten dürfen, die Reformpolitik von Gerhard Schröder und Wolfgang Clement sei "menschenverachtend", und Unterschriftensammlungen in Hessen gegen den Reformkurs von Gerhard Schröder nicht als Verstoß gegen die innerparteiliche Solidarität gewertet werden.
Andererseits werden Warnungen vor einer Annäherung an die "Lafontaine-Linke" und vor einem energiepolitischen Konzept, das nach sachverständigem Urteil für den Industriestandort Deutschland höchst gefährlich ist, für unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SPD erklärt.
Die SPD sollte ihrer Tradition als diskussionsfreudige, dialogfähige und reformorientierte Partei treu bleiben. Und sie sollte sich ernsthaft die Frage stellen, wer der Partei wirklich schadet."
Otto Schily