Clements Äußerungen über Andrea Ypsilanti seien "in der Form völlig inakzeptabel und in der Sache völlig falsch" erklärte Hannelore Kraft. Die Vorsitzende der SPD in NRW warf Clement ein "übles Foul" vor. Clement hatte in der "Welt am Sonntag" eine Woche vor der Landtagswahl in Hessen die SPD-Spitzenkandidatin wegen ihrer Anti-Atom- und Anti-Kohlepolitik gerügt und geschrieben: "Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht."
Der frühere NRW-Ministerpräsident habe über Jahrzehnte die Solidarität der Partei in unterschiedlichen Funktionen in Anspruch genommen, so Kraft weiter. Diese Solidarität verdiene nun auch Andrea Ypsilanti. Kraft werde Clement zu einem Gespräch unter vier Augen treffen, bestätigte Parteisprecher Dirk Borhart. "Ein Termin steht noch nicht fest, und über Ziel und Inhalt können wir erst einmal nichts sagen", sagte er zu WDR.de auf die Frage nach einem möglichen Parteiausschluss. Bislang liege der NRW-SPD diesbezüglich noch kein Antrag vor.
Wiefelspütz: Massive Verärgerung an der Basis
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz rechnet damit, dass es zu einem Parteiausschlussverfahren gegen Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement kommen könnte, nachdem Fraktionschef Peter Struck sich dafür ausgesprochen hatte. "Peter Struck findet für seine Äußerungen immer große Zustimmung in Partei und Fraktion", sagte der westfälische Bundestagsabgeordnete den "Ruhr Nachrichten". "Für jemanden, der der SPD so viel zu verdanken hat, gehört sich so etwas nicht", kritisierte er. Die Empörung an der Parteibasis sei groß, es herrsche "massive Verärgerung." Ypsilanti genieße die "ungeteilte Unterstützung der SPD".
Römer: "Schlicht unanständig"
Der stellvertretende Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer, forderte Clement auf, sich als "Privatier" zurückzuhalten. "Wolfgang Clement verhält sich schlicht unanständig und vertritt wieder einmal eine persönliche Einzelmeinung, die durch die jüngsten SPD-Parteitagsbeschlüsse in Hamburg auch nicht ansatzweise gestützt wird", sagte Römer in einer Mitteilung. Sinnvoller wäre es, wenn Clement sich in seiner Rolle als RWE-Aufsichtsrat dafür einsetzen würde, dass RWE endlich die Vereinbarung von 1994 erfülle und die alten Braunkohle-Kraftwerksblöcke schnellstens stilllege.
Pofalla: Auseinandersetzung in der Sache
SPD- Fraktionschef Peter Struck forderte den früheren NRW-Ministerpräsidenten nach dessen Querschuss zum Parteiaustritt auf. Es wäre ganz gut, wenn er von sich aus ginge, dann brauche man kein Parteiausschlussverfahren, sagte Struck im ARD-Morgenmagazin. Clement habe sich "eindeutig parteischädigend" verhalten. Es sei "absolut unanständig, der eigenen Partei so in den Rücken zu fallen".
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla riet den Sozialdemokraten: "Die Genossen sollten mal abrüsten." Clement habe den Mut, deutlich zu sagen, dass der Kurs der hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti in der Energiepolitik Arbeitsplätze koste und die wirtschaftliche Entwicklung gefährde. Die SPD solle sich daher "in der Sache mit ihm auseinandersetzen und nicht gleich wieder drohen mit Parteiausschluss", sagte der Bundestagsabgeordnete aus Kleve im Morgenmagazin.