Die acht Ortsvereine und zwei Unterbezirke, die den Alt-Ministerpräsidenten nicht mehr in der Sozialdemokratischen Partei sehen wollen, werden wohl mit ihrem Antrag in die nächste Runde ziehen. Doch ob die Schiedskommission der Landespartei zu einem anderen Urteil kommen wird, darf bezweifelt werden. Denn ein Ausschluss des ehemaligen Vizes der Bundes-SPD würde der Partei mehr schaden, als es der Politrentner Wolfgang Clement in hundert Pressekolumnen und Interviews könnte.
Anderthalb Jahre vor der Bundestagswahl, zwei Jahre vor Landtagswahlen in NRW kann es sich die von Machtkämpfen gebeutelte Partei nicht leisten, dass die Richtungsstreitigkeiten auch noch auf dem Wege von Parteiausschlussverfahren ausgetragen werden. Bernd Faulenbach, der Bochumer Unterbezirksvorsitzende, sagte gestern, dass er Wolfgang Clement als ein "historisches Thema" betrachte. Und er hat damit gleich mehrfach Recht:
Clement übt keine Funktionen mehr innerhalb der SPD aus. Er ist ein politischer Beobachter, der als Berater von Medienunternehmern, Zeitarbeitsfirmen oder Energiekonzernen sein Geld verdient und ab und zu einen Zeitungskommentar schreiben darf. Auf das politische Tagesgeschäft hat der Wahl-Bonner und Freund von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück keinen Einfluss.
Auch die Sozial- und Wirtschaftspolitik des Förderns und Forderns, bekannt als Hartz-Reformen, für die Clement als Berliner Superminister wie kaum ein anderer stand, hat längst Schiffbruch erlitten. Seither reagiert die SPD auf das Erstarken der linken Konkurrenz mit sozialer Wärme und dem Prinzip des vorsorgenden Sozialstaats. Und damit ist auch Clements Politik ein Thema für die Geschichtsbücher.
Schließlich ist die Causa Clement aber auch deshalb Geschichte, weil die Ortsvereine, die seinen Ausschluss betreiben, dieses Ausschlussverfahren gleichsam zu einem posthumen Parteigericht über den wirtschaftsliberaleren Kurs der rot-grünen Jahre machen wollen. Ihre Wut über Clements Einmischung in den hessischen Wahlkampf mag zwar verständlich sein. Doch eigentlich geht es ihnen um etwas anderes: um eine Abrechnung mit der Regierungspolitik unter Kanzler Schröder- die sie freilich als Mitglieder damals mitgetragen haben.
Christoph Schurian ist Autor von WDR.de.