Der Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende der RWE Power AG, Günter Reppien, hat Wolfgang Clement für seine Kritik an der Energiepolitik der hessischen SPD gelobt. "Ich begrüße außerordentlich den Mut, das auf den Punkt zu bringen", sagte er. Clement hatte eine Woche vor der Landtagswahl in Hessen kritisiert, dass die hessische SPD sowohl Atom- als auch Kohlekraftwerke durch erneuerbare Energieträger ersetzen will. Indirekt hatte Clement davon abgeraten, die SPD-Kandidatin Andrea Ypsilanti zu wählen: "Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht", hatte Clement einer Zeitung gesagt.
Betriebsrat Reppien meinte dazu, die Angst um Wählerstimmen könne kein Grund sein, offensichtliche Fehler nicht anzusprechen. Über den Zeitpunkt der Clement-Kritik wenige Tage vor der hessischen Landtagswahl könne man streiten, räumte Reppien ein. "Aber er wollte seine Partei wohl wachrütteln - und eins hat er geschafft: dass man jetzt endlich über das Thema diskutiert."
RWE: Clement ist kein "Lobbyist"
Auch der Chef der Energie-Gewerkschaft IGBCE, Hubertus Schmoldt, stärkte Clement den Rücken. Aufgeregtheiten würden nicht weiterhelfen, sagte er in einem Zeitungsinterview. Es sei dringend erforderlich, dass die Politik klar für den Industriestandort Deutschland Position beziehe. Der RWE-Konzern wehrte sich unterdessen gegen die Bezeichnung Clements als "Lobbyisten". Als neutrales Mitglied des RWE-Aufsichtsrats sei er von Arbeitnehmer- wie Arbeitgeberseite einstimmig gewählt worden.
Kraft: "Übles Foul"
Aufgebracht hatten dagegen die Genossen in NRW reagiert. Clements Äußerungen über Ypsilanti seien "in der Form völlig inakzeptabel und in der Sache völlig falsch", erklärte Hannelore Kraft. Die Vorsitzende der SPD in NRW warf Clement ein "übles Foul" vor. Kraft will Clement zu einem Gespräch unter vier Augen treffen. Ein Termin steht noch nicht fest. Der SPD-Ortsverein Bochum-Hamme forderte den Partei-Ausschluss von Clement.
Kein Parteiausschlussverfahren
"Für jemanden, der der SPD so viel zu verdanken hat, gehört sich so etwas nicht", kritisierte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz Clement. Die Empörung an der Parteibasis sei groß, es herrsche "massive Verärgerung". Ypsilanti genieße die "ungeteilte Unterstützung der SPD". Der stellvertretende Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer, forderte Clement auf, sich als "Privatier" zurückzuhalten.
Die SPD will aber auf ein Parteiausschlussverfahren gegen den früheren NRW-Ministerpräsidenten verzichten. SPD-Vorsitzender Kurt Beck kündigte an, Clement künftig mit Missachtung zu strafen. Er müsse selbst entscheiden, ob er die SPD verlassen wolle. Die Partei habe seine Äußerungen "zur Kenntnis genommen, als Lobbyismus eingeordnet und abgeheftet".