Clement äußert sich zum Parteiausschluss
"Das war undenkbar für mich"
Stand: 01.08.2008, 15:14 Uhr
Wolfgang Clement hat sich in einem Interview enttäuscht über seinen drohenden Parteiauschluss geäußert: Der ehemalige NRW-Ministerpräsident sieht in dem Streit einen grundsätzlichen Kampf um den politischen Kurs der SPD.
"Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in der Partei Willy Brandts so gering geschätzt wird. Das war undenkbar für mich", sagte der frühere Parteivize dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Außerdem konstatierte er einen Richtungsstreit in der SPD: "Zum ersten Mal scheint der linke Flügel über eine Mehrheit in Parteivorstand und Parteirat zu verfügen." Zugleich kritisierte Clement die für seinen Ausschluss verantwortliche NRW-Landesschiedskommission: Das Gremium wolle seine Meinungsfreiheit beschränken. Die Kommission hatte beschlossen, den früheren Bundeswirtschaftsminister wegen parteischädigenden Verhaltens aus der SPD auszuschließen.
Clement will weiter sein "Wort erheben"
Er betrachte es als seine "Pflicht, aus Gründen der Solidarität und Solidität mein Wort zu erheben, wenn in meiner Partei Unverantwortliches vertreten und gar in Regierungspolitik umgesetzt werden soll. Das werde ich auch in Zukunft unmissverständlich tun", sagte Clement weiter. Als Beispiel nannte er die energiepolitischen Vorstellungen der hessischen SPD-Chefin Andrea Ypsilanti: "Der richtige energiepolitische Weg kann nicht sein, gleichzeitig auf Atomenergie und Kohle zu verzichten." Wegen der Kritik an Ypsilantis Energiepolitik kurz vor der Hessenwahl hatte sich Clements Streit mit der SPD entzündet.
Zugleich verlangte Clement für die SPD ein neues Parteiprogramm. Wenn es nicht gelinge, eine Art neues Godesberger Programm unter den Bedingungen der Globalisierung zu entwickeln, werde sich die SPD "immer mehr ideologisieren". "Dann wird die SPD zu einer 25-Prozent-Partei", fügte Clement hinzu.
Beck mahnt zur Besonnenheit
Währenddessen wird in der SPD kontrovers über Clement diskutiert: Während die SPD-Linke den Parteiausschluss verteidigte, nahmen führende Genossen Clement in Schutz. SPD-Vorsitzender Kurt Beck will im Ausschlussverfahren gegen den früheren Wirtschaftsminister und Parteivize Wolfgang Clement auch die Interessen der Gesamtpartei berücksichtigen, sagte er. Deshalb werde er dem Parteivorstand vorschlagen, in das Schiedsverfahren einen eigenen Vertreter zu entsenden, kündigte Beck am Freitag (01.08.08) an. "Besonnenheit und Verantwortung sind das Gebot der Stunde." Die Parteiführung könne und werde dem Urteil nicht vorgreifen. "Mir ist aber wichtig, dass in einer Gesamtbetrachtung sowohl persönliches Verhalten als auch die politische Lebensleistung in die Beurteilung einbezogen werden."
Politologe: "Ein richtiges Exempel"
Nach SPD-Vize Frank-Walter Steinmeier stärkte ihm auch dessen Kollege Peer Steinbrück den Rücken: "Die SPD und Wolfgang Clement müssen einander aushalten." Dies sei für beide Seiten nicht immer leicht, "aber es dient der sozialdemokratischen Sache". "Und nur darauf kommt es an", betonte Steinbrück.
Der vor gut 30 Jahren aus der SPD ausgeschlossene Politologe Christoph Butterwegge hält dagegen einen Rauswurf von Wolfgang Clement aus der Partei für richtig. "Der Fall Clement wäre jetzt ein richtiges Exempel", sagte der Kölner Professor, der wegen Links-Abweichung ausgeschlossen worden war, am Freitag (01.08.08). "Bis jetzt hat die Partei immer nur Sanktionen gegen Leute aus dem linken Flügel verhängt. Die SPD wird aber nicht glaubwürdiger dadurch, dass sie immer nur nach links ausschließt."