Nordrhein-Westfalens Ex-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) hat vor dem BLB-Untersuchungsausschuss am skandalumwitterten landeseigenen Baubetrieb BLB kein gutes Haar gelassen. Er habe den BLB in einem "ziemlich schwierigen Zustand" vorgefunden, sagte er am Dienstag (16.09.2014) als Zeuge im Rahmen der Erörterung korruptionsverdächtiger Immobiliengeschäfte des BLB. Linssen war von 2005 bis 2010 verantwortlicher Minister für den Landesbetrieb.
Seiner Aussage zufolge waren die BLB-Bilanzen bei seinem Amtsantritt tiefrot und der Immobilienbesitz des Landes nicht einmal vernünftig inventarisiert gewesen. Große Liegenschaften tauchten doppelt auf. Nach mehreren hundert Millionen Euro Verlust in der Bilanz des Jahres 2004 hätten die "Alarmglocken geschellt".
Erste Kalkulationen meist falsch
Linssen berichtete zudem, dass die jeweiligen Staatssekretäre immer Sonderwünsche für ihre Bauvorhaben hatten - natürlich ohne Preisaufschlag. "Die erste Kalkulation stimmte meistens nicht beim BLB", so Linssen. Er betonte, diese Nachträge seien ihm auf den Geist gegangen.
Eskalation im Frühjahr 2009
Bei den ersten Baukostensteigerungen beim NRW-Landesarchiv habe er sich dann quergestellt: "Im Frühjahr 2009 eskalierte das. Da ist es ziemlich zur Sache gegangen." Er habe auch zunehmend Zweifel an BLB-Chef Ferdinand Tiggemann gehegt. Dem habe es an Risiko- und Kostenbewusstsein gefehlt, dafür aber eine ausgeprägte "Aufsichtsallergie" an den Tag gelegt. Tiggemann habe sich außerstande gesehen, den Preis für das Vodafone-Hochhaus in Düsseldorf trotz fallender Immobilienpreise nachzuverhandeln. Linssen selbst habe schließlich den Kaufpreis mit dem Vodafone-Deutschland-Chef verhandelt und um neun Millionen Euro drücken können.
Offene Drohung
Linssen sagte weiter aus, dass er der BLB-Führung schließlich offen gedroht hat: "Ändern sich die Zahlen nicht, ändern sich die Gesichter. Ich hatte es ziemlich satt." Tiggemann sei wegen eines Ermittlungsverfahrens in Sachen Landesbehördenhaus Bonn 2009 sogar beurlaubt worden, habe aber schließlich weiterbeschäftigt werden müssen. Tiggemann gilt als Hauptverdächtiger im Zusammenhang mit mutmaßlich korruptionsverdächtigen Geschäften des landeseigenen Baubetriebs.
Der Untersuchungsausschuss beschäftigt sich derzeit mit der Kostenexplosion beim Neubau des Landesarchivs in Duisburg. Mit seinem Parteifreund, dem damaligen Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU), habe er über das NRW-Landesarchiv nie gesprochen, beteuerte Linssen. Ihm sei bis heute rätselhaft, wieso die Stadt ihr Vorkaufsrecht für die Grundstücke nicht ausgeübt hat.